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HBS Böckler Impuls

Wirtschaftskrise: Auf die langfristig Interessierten hören

Ausgabe 05/2009

Beschäftigte haben ein Interesse an der langfristigen Existenzsicherung ihres Unternehmens. Mehr Mitbestimmung kann helfen, Fehlanreize in der Unternehmenssteuerung zu korrigieren.

Das Streben nach kurzfristigen Gewinnen hat das globale Wirtschaftssystem in Gefahr gebracht. Derzeit werden Korrekturen in der Managervergütung und -kontrolle erarbeitet. Einen entscheidenden Beitrag für eine nachhaltigere Entwicklung der Unternehmen könnte auch eine Stärkung der Mitbestimmung leisten, so eine Analyse. Denn Arbeitnehmer haben ein besonders großes Interesse am langfristigen Erfolg ihres Unternehmens und damit am Erhalt ihrer Arbeitsplätze, argumentiert ein Autorenteam aus dem IMK und der Mitbestimmungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung.

Zentrale Management-Entscheidungen sollten deshalb zwingend dem Aufsichtsrat zur Entscheidung vorgelegt werden - und damit auch den Arbeitnehmervertretern in diesem Gremium. Effektiver kontrolliert werden sollte vor allem:

  • die Entscheidung über Standortschließungen oder -verlagerungen,
  • der Kauf oder Verkauf von Unternehmensbeteiligungen,
  • wenn ein neuer Investor bei Tochtergesellschaften einsteigen will,
  • wenn das Unternehmen große Kredite aufnehmen oder gewähren will - zum Beispiel, um einer Private-Equity-Gesellschaft den Einstieg zu finanzieren.

Die Forscher schlagen vor, einen Mindestkatalog solcher zustimmungspflichtiger Geschäfte gesetzlich zu verankern, wie es in Österreich und den Niederlanden bereits geschehen ist. Bisher kann jedes Unternehmen selbst bestimmen, welche Themen ein solcher Katalog umfasst.

Eine stärkere Beteiligung der Betriebsräte kann ebenfalls die Langfristig-Orientierung der Unternehmen stützen, so die Autoren. Oftmals tragen gerade neue Investoren kurzfristige Renditeziele ins Unternehmen und destabilisieren es erheblich. Denn Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften sind in der Regel darauf aus, erworbene Firmen möglichst bald mit Profit wieder zu veräußern. Doch ausgerechnet ein solcher Investorenwechsel mit seinen oft weit reichenden Folgen für Unternehmen und Beschäftigte unterliegt bisher nicht der Mitbestimmung. Deshalb empfehlen die Forscher, die Rechte von Betriebsräten auszuweiten: So sollte der Betriebsrat direkt mit dem möglichen Investor sprechen können. Dabei müsse dieser seine Absichten und die Herkunft seiner finanziellen Mittel offenbaren. Unternehmensverkäufe sollten als Betriebsänderung gelten, so dass der Betriebsrat über Interessensausgleich und Sozialplan verhandeln kann, um eventuell anstehende Entlassungen abzufedern.

  • Eine Befragung der Arbeitnehmerbank zeigt: Im mitbestimmten Aufsichtsrat stehen Strategiefragen oben auf der Agenda. Wenn im Betrieb Veränderungen anstehen, erlebt das Management die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat mehrheitlich als positiv – so das Ergebnis einer weiteren Untersuchung. Zur Grafik

Gustav Horn, Lothar Kamp, Heike Joebges, Alexandra Krieger, Sebastian Sick, Silke Tober: Höhere gesamtwirtschaftliche Stabilität durch bessere Regulierung - Vorschläge für eine Neuordnung der Finanzmärkte (pdf), IMK Report Nr. 36 März 2009

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