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Arbeitslosigkeit im Alter bleibt oft verdeckt Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Arbeitslosigkeit im Alter bleibt oft verdeckt

Ausgabe 02/2020

Die Zahl der Über-60-Jährigen ohne Arbeit hat sich seit 2009 mehr als verdoppelt. Das Problem ist vermutlich noch größer – denn von der Arbeitslosenstatistik werden Ältere oft nicht erfasst.

Wer im Alter ohne Arbeitsplatz dasteht, hat es besonders schwer, einen neuen zu finden. Insgesamt sind derzeit 40 Prozent aller Langzeitarbeitslosen über 50 Jahre alt, rund zwölf Prozent jenseits der 60. Das zeigt der Altersübergangsreport von Arthur Kaboth und Martin Brussig vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), der von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wird. Die Forscher warnen: „Lange Arbeitslosenzeiten im letzten Drittel des Erwerbslebens führen zu einer Entwertung des vorausgegangenen Erwerbsverlaufs und mindern die Ansprüche in der gesetzlichen Alterssicherung.“

 

Einerseits sei die Erwerbsbeteiligung von älteren Menschen auf Rekordniveau gestiegen. Die Möglichkeiten, vorzeitig und zugleich ohne Abschläge in Rente zu gehen, seien in den vergangenen Jahren erheblich eingeschränkt worden, erklären Kaboth und Brussig. Die Einführung der abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte hat dem nur zum Teil entgegengewirkt. Andererseits sei auch das Risiko, arbeitslos zu werden, bis ins hohe Erwerbsalter „verlängert“ worden. Zwar ist die Arbeitslosenquote der Über-60-Jährigen zwischen 2009 und 2018 gesunken, aber nur deshalb, weil sie an der gesamten Zahl der Erwerbspersonen in dieser Altersgruppe gemessen wird, die im gleichen Zeitraum stark gestiegen ist. Absolut gesehen hat sich die Zahl der Arbeitslosen jenseits der 60 seit 2009 mehr als verdoppelt, von rund 92 000 auf 218 000. „Besonders bemerkenswert ist, dass das Verbleibsrisiko in Arbeitslosigkeit unter den Älteren nicht nur hoch ist, sondern im Vergleich zu jüngeren Personen zugenommen hat“, schreiben die Wissenschaftler. Langzeitarbeitslosigkeit konzentriert sich stärker als zuvor bei Älteren.

 

 

Hinzu kommt: Das Problem von Arbeitslosigkeit im Alter ist nach Ansicht der IAQ-Forscher sogar größer, als es die offiziellen Zahlen zeigen. Das wahre Ausmaß werde sowohl durch statistische Indikatoren als auch durch gesetzliche Regelungen verdeckt. Die amtliche Arbeitslosenstatistik erfasst nur jene, die der Vermittlung der Arbeitsagenturen zur Verfügung stehen. Beispielweise werden Personen, die an Maßnahmen der Arbeitsförderung teilnehmen, nicht als arbeitslos ausgewiesen. Die meisten Fälle verdeckter Arbeitslosigkeit – jährlich rund 140 000 – ist auf eine Sonderregelung für Ältere im SGB II zurückzuführen. Viele Ältere ohne Job werden nicht als arbeitslos gezählt und sind faktisch von der Arbeitsförderung ausgeschlossen.

 

 

Die Bundesregierung müsse mehr gegen Altersarbeitslosigkeit tun, fordern die Forscher. Dafür seien zum einen Investitionen in eine Arbeitsvermittlung notwendig, die speziell auf Ältere zugeschnitten ist. Zum anderen sollte dafür gesorgt werden, dass Ältere gar nicht erst arbeitslos werden. Mit dem Programm zur „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen“ gebe es bereits einen präventiven Ansatz. Dieser sollte weiter ausgebaut werden.

 

Arthur Kaboth, Martin Brussig:  Trotz Alterserwerbsbeteiligung auf Rekordniveau:  Mehr Ältere von Arbeitslosigkeit betroffen. Großer Anteil älterer Arbeitsloser bleibt  nach wie vor verdeckt, Altersübergangs-Report 1/2020, Januar 2020

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