Projektbeschreibung
Kontext
Die politische Landschaft hat sich in vielen westlichen Ländern in letzter Zeit stark verändert. Neue, meist rechtspopulistische bis rechtsradikale Parteien traten auf dem Plan, mancherorts brach das tradierte Parteiensystem zusammen. In Deutschland schien das Parteiensystem lange Zeit ausreichend heterogen, um vorhandene Konflikte zu absorbieren. Nun ist mit der AfD eine rechtspopulistische Partei in den Bundestag eingezogen. In dieser Situation stellen sich Fragen nach den Ursachen dieser Entwicklung. Das Projekt zielt auf eine Ursachenanalyse ab und fokussiert dabei auch auf die Arbeitswelt und soziale Lebenslagen
Fragestellung
Das Ziel der Studie besteht darin, die wesentlichen Bestimmungsgründe veränderter politischer Einstellungen und des Wahlverhaltens zu ermitteln, deren Zusammenspiel in Abhängigkeit von subjektiver und objektiver Lebenslage zu analysieren und die Entwicklungsdynamik nachzuzeichnen. Besonderes Augenmerk liegt damit auf der Bedeutung der sozialen und ökonomischen Lebenswirklichkeiten verschiedener Bevölkerungsgruppen unter besonderer Berücksichtigung von Gewerkschaftsmitgliedern. Auf dieser Basis werden politische Grundmuster identifiziert, Gefährdungspotenziale für Desintegration und Rechtspopulismus, aber auch Haltepunkte, die einer solchen Gefährdung entgegen stehen, ermittelt.
Untersuchungsmethoden
Die Erhebung wurde als Online-Panel-Befragung durchgeführt. Zielgruppe der Studie sind wahlberechtigte Personen in Deutschland ab 18 Jahren. Die Befragten wurden über ein quotengestütztes Zufallsverfahren aus einem Access-Panel gezogen. Die tatsächliche Struktur der deutschen Wahlbevölkerung in Hinblick auf Alter, Geschlecht, Region und Bildung wurde exakt abbildet (maximale Abweichung bei den Altersgruppen ein, bei den Bildungsgruppen drei Prozentpunkte).
Insgesamt wurden 4892 Personen im Zeitraum von Mitte Januar bis Anfang Februar 2017 nach Einstellungen, Werteorientierungen, ihrer Wahlpräferenz sowie ihrer soziodemografischen Situation befragt. In einer zweiten Welle wurden dieselben Personen um weiterführende Angaben, u.a. zu ihren politischen Erwartungen, aber auch zu ihrer Arbeits- und Lebenssituation gebeten. Im Zeitraum Ende April bis Mitte Mai 2017 wurden so mit 3919 Personen rund 80 Prozent der Teilnehmenden der ersten Welle erneut befragt.
Darstellung der Ergebnisse
Obwohl die Grundstimmung der Bevölkerung überwiegend positiv ist, äußern Bürgerinnen und Bürger Sorgen mit Blick auf die Zukunft. Die Entscheidung, die Partei AfD zu wählen, wird wahrscheinlicher, wenn (1) die subjektive Wahrnehmung geprägt ist durch persönliche Zurücksetzung, (2) ein Kontrollverlust in persönlicher, politischer und nationalstaatlicher Hinsicht empfunden wird, (3) eine ausgeprägte Distanz zum demokratischen System vorliegt, (4) die eigene Erwerbsbiografie als nicht gestaltbar eingeschätzt wird und (5) Befürchtungen oder Erfahrungen digitalisierungsgetriebener Überwachung, Kontrolle oder direkter Erreichbarkeit durch Arbeitgeber bestehen. Insgesamt haben Einkommensverhältnisse keine besonderen Einfluss darauf, ob jemand der AfD nahe steht oder nicht. Die Untersuchung weist nach, dass Gewerkschaftsmitglieder nicht häufiger AfD wählen als andere Bevölkerungsgruppen, aber sensibler für Gerechtigkeitsfragen am Arbeitsplatz sind.