Forschungsprojekt: Bestandsaufnahme Betriebsschließungen

Auseinandersetzung um Betriebsschließungen - eine Bestandsaufnahme

Projektziel

Betriebschließungen werden zunehmend zu einem Instrument unternehmenspolitischer Restrukturierung. Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften begegnen der einseitigen Aufkündigung der konsens- und sozialpartnerschaftlichen Arbeitsbeziehungen in der Regel mit Protest und Widerstand.

Projektbeschreibung

Kontext

Aufgrund weitreichender Konsequenzen und Gefährdungen für die Beschäftigten als auch massiver Folgen für die Regional-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sind Betriebsstilllegungen und Standortverlagerungen in den letzten Jahren in der breiten Öffentlichkeit und in der Politik zu einem wichtigen und kontrovers diskutierten Thema avanciert. Die Problematik ist dabei nicht grundsätzlich neu. Verändert haben sich allerdings die ökonomischen Rahmenbedingungen von Betriebsschließungen und damit auch die strategischen Handlungsmöglichkeiten von Interessenvertretungen. Nicht mehr nur Unternehmen, die als Ganzes in existenzielle ökonomische Gefährdungen geraten sind, ziehen die Stilllegung von Standorten in Erwägung, sondern auch solche, die sich in einer guten wirtschaftlichen Lage befinden. Die permanente Prüfung von Standortentscheidungen stellt die Unsicherheiten der Beschäftigten hinsichtlich Beschäftigung, Lohnhöhe und Arbeitsplatz auf Dauer.

Fragestellung

In einem ersten Schritt werden 54 Fälle von Auseinandersetzungen um angedrohte und realisierte Betriebsschließungen recherchiert und dokumentiert.

Anhand ausgewählter Betriebsfälle werden die Anlässe und Ursachen für die Betriebsschließungen, die Verläufe der Konflikte, die wesentlichen Strategien von Beschäftigten, betrieblicher und gewerkschaftlicher Interessenpolitik sowie die Ergebnisse der Auseinandersetzungen in ihren Grundzügen rekonstruiert und einer Typisierung zu unterziehen. Dabei wird geprüft, inwiefern aus einer zunächst defensiven Situation innovative Praktiken entstehen.

Untersuchungsmethoden

Die empirische Arbeit basiert auf einer Analyse betrieblicher und gewerkschaftlicher Materialien und Dokumenten zu Auseinandersetzungen um Betriebsschließungen sowie auf einer Medienrecherche, mit der relevante Schließungsfälle seit dem Jahr 2000 ermittelt wurden. Ergänzend wurden Expertengespräche mit beteiligten Akteuren geführt.

Darstellung der Ergebnisse

- Hinsichtlich der unternehmensstrategischen und ökonomischen Ausgangsbedingungen können drei historische Typen von Betriebsschließungen unterschieden werden:

Die Betriebsschließungen des "schumpeterianischen Typs", des "krisenhaften Typs" sowie des "transformationsbedingten Typs". Unter den aktuellen Bedingungen des globalen Finanzmarktkapitalismus sind demgegenüber solche Strategien dominierend, die Betriebsschließungen und -verlagerungen zu einem normalen Instrument unternehmenspolitischer Restrukturierungen werden lassen.

- Vier Typen von Handlungsstrategien in Auseinandersetzungen um Betriebsschließungen sind zu beobachten: Eine verhandlungsorientierte Strategie in Verbindung mit ökonomischen Alternativkonzepten, die Strategie der Streiks um Sozialtarifverträge, Formen basisorientierten Radikalprotestes sowie eine internationale Vertretungsstrategie.

- Die Kämpfe um Betriebsschließungen können dann erfolgreich sein, wenn neue Formen des Widerstands, die die Mobilisierung und Politisierung von Belegschaftsinteressen beinhalten, mit einer "Aneignung des Unternehmerischen" und der Entwicklung alternativer Unternehmens- und Branchenkonzept einhergehen.

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