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Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Umlage statt leerer Kassen

Ausgabe 07/2015

Die Kasse der Rentenversicherung sind chronisch leer und die Rente reicht nicht zum Leben. Da hat der Ökonom Wildried Schreiber eine Idee: Statt Kapitaldeckung setzt er auf das Umlageverfahren. 

Chronisch leere Kassen lassen die deutsche Rentenversicherung in den Nachkriegsjahren alt aussehen. Im Jahr 1955, als der Fotograf Josef Darchinger die „Rentnerbank“ vor dem Bremer Rathaus in einer Farbaufnahme festhält, funktioniert die Versicherung noch nach dem Prinzip der Kapitaldeckung. Die Sparbeiträge werden zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf ein Rentenkonto eingezahlt. Dieses Prinzip gilt unverändert, seit die Rentenversicherung im Jahr 1889 eingeführt wurde. Doch zwei Kriege, Inflation und die Währungsreform haben die Versicherung arm gemacht. Der Beitragssatz, der im Gründungsjahr bei 1,7 Prozent lag, steigt bis 1957 auf 14 Prozent. 

Das Renteneintrittsalter, ursprünglich 70 Jahre, hat man im Kriegsjahr 1916 auf 65 Jahre abgesenkt. Doch das alte System ist nie gründlich reformiert worden. Obwohl die Rente nur eine unterstützende­ Funktion hat und keinesfalls den Lebensstandard absichert, müssen in den 50er Jahren bereits erhebliche Steuerzuschüsse von bis zu 50 Prozent gezahlt werden. Erst mit der Rentenreform des Jahres 1957 unter Konrad Adenauer wird das System auf ein Umlageverfahren mit dynamischer, an die Entwicklung der Einkommen gekoppelter Rente umgestellt. Die theoretische Grundlage für die Einführung des Umlageverfahrens liefert der Ökonom Wilfrid Schreiber. Er ist überzeugt davon, dass die kapitalgedeckte Versicherung im volkswirtschaftlichen Maßstab nicht funktionieren kann. Das nötige Deckungskapital sei „seit Bestehen der Sozialversicherung, spätestens aber seit 1918 immer nur frommer Wunsch gewesen“. 

Ausgehend von der katholischen Soziallehre fordert Schreiber, Alte kollektiv über eine Unterhaltsrente abzusichern. Steuerzuschüsse für die Rentenversicherung, wie sie bis heute gezahlt werden, lehnt Schreiber kategorisch ab: „Es ist ersichtlich sinnlos, dem Steuerzahler zunächst Einkommensteile in Form von Steuern abzunehmen und sie ihm dann mit der Geste des Wohltäters zurückzugeben.“ Schreiber hält zudem ein Rentenniveau von 50 Prozent des Bruttoeinkommens für richtig. Konrad Adenauer korrigiert Schreibers Pläne an entscheidenden Stellen – auch was die Höhe der Rente angeht. Vor den Wahlen 1957 setzt die Regierung das Niveau auf 70 Prozent fest – ein Wert nahe jenen 75 Prozent, die die Gewerkschaften und die SPD gefordert haben. 

RÄTSELFRAGEN

- Unter welchem Reichskanzler wurde die Rentenversicherung eingeführt?

- Welchem Unternehmerverband stand Schreiber von 1949 bis 1959 vor?

- Wer war der SPD-Kanzlerkandidat bei der Wahl von 1957? 

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 28. August 2015 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil. 

PREISE

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro, 2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 30 Euro 

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AUFLÖSUNG DER RÄTSELFRAGEN 6/2015

1938 – Jesaja – Riester-Rente

Den 1. Preis hat Theodor Michael aus Köln gewonnen. Je einen 30-Euro-Gutschein erhalten Else Schmidt aus Neukölln, Roland Walter aus Rastatt und Rainer Rehwald aus Erlensee. 

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