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Magazin Mitbestimmung

Zur Sache: Standortvorteil Mitbestimmung

Ausgabe 01/2016

„Wer mitbestimmungspolitischen Stillstand zulässt, verspielt einen Standortvorteil“, sagt Norbert Kluge, Leiter der Abteilung Mitbestimmungsförderung.

 Mitbestimmung hat in der Bevölkerung einen guten Ruf. Sie ist Ausweis lebendiger Demokratie im Arbeitsleben. Sonst würden sich nicht alle vier Jahre 80 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben und Behörden an den Wahlen ihrer Betriebs- und Personalräte beteiligen.

Was wir jetzt brauchen, das sind faire Regeln für die Arbeit der Zukunft. Ohne „Arbeiten 4.0“ wird es keinen Erfolg des digitalen Fortschritts für alle geben. Betriebliche Mitbestimmung muss gestärkt und ausgebaut werden. Denn nur auf Augenhöhe und ohne Machthierarchien können Menschen ihr Arbeitsleben selbstverantwortlich gestalten. Dafür bietet Digitalisierung Chancen. 

Und es müssen Lücken in der nationalen Mitbestimmungsgesetzgebung geschlossen werden: Kein Unternehmen soll durch geschickte Wahl der Rechtsform und Nutzung des europäischen Rechts seine Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen um ihre Mitbestimmungsrechte im Aufsichtsrat bringen dürfen. Wer diese Form der Flucht vor der Mitbestimmung wählt, will sich nicht (mehr) am Ringen nach der besten gemeinsamen Lösung beteiligen. Flucht vor Mitbestimmung ist Zementieren alter Machthierarchien.

Das Wachstum von Unternehmen über nationale Grenzen braucht ebenfalls faire Regeln. Europäische Gesetze müssen sicherstellen, dass Rechte auf Unterrichtung, Anhörung und Mitbestimmung zum Standard guter Unternehmensführung gehören. Damit würde mit dem fatalen Missverständnis der letzten Jahrzehnte aufgeräumt, dass Unternehmen nur dem Vorteil für Aktionäre und Topmanager zu dienen haben. Fakt ist: Mitbestimmung ist in Europa kein Sonderfall. In 18 von 28 EU-Mitgliedstaaten existiert ein solches Recht ebenfalls. 

Was uns Mut macht! Stets waren Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft die Stunde für die Mitbestimmung. In den fundamentalsten Auseinandersetzungen zwischen Arbeit und Kapital wurden sozial tragbare und demokratisch legitimierte Lösungen gefunden, zuletzt bei der Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/09. 

Es wäre gut, wenn deutsche Unternehmer und ihre Wirtschafts- und Industriellenverbände sich öffentlich klarer und deutlicher zu den Vorteilen der Mitbestimmung bekennen würden, besonders wenn sie im Ausland unterwegs sind. Mitbestimmung ist kein Hindernis für Internationalisierung von Unternehmen. Im Gegenteil: Sie hat die Internationalisierung von Unternehmen unterstützt und ist erkennbar über nationale Grenzen hinaus mitgewachsen. Die 65 Jahre praktischer Erfahrungen mit der Montanmitbestimmung und 40 Jahre mit dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 belegen: Mitbestimmung ist das demokratische Gestaltungsprinzip für die soziale Marktwirtschaft. 

Es ist gut, wenn Mitbestimmung wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rückt. Unter dem Motto „Weiterdenken. Mitgestalten. Mitbestimmung“ wollen wir in Zusammenarbeit mit der DGB-Offensive Mitbestimmung dazu einladen, eine mitbestimmte Zukunft mit uns zu diskutieren. Themen unserer Veranstaltungsreihe sind: 

Wie muss Mitbestimmung weiterentwickelt werden, damit sie auch im Jahr 2035 noch „passt“? 

Was muss die Politik im Wahljahr 2017 (Bundesrepublik) und 2018 (Europa) tun, um den jetzigen mitbestimmungspolitischen Stillstand zu überwinden?

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