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Magazin Mitbestimmung

: Player in der Erwachsenenbildung

Ausgabe 04/2011

BÖCKLER-STUDIEN Die Hans-Böckler-Stiftung hat den Markt der Anbieter für Betriebsrätebildung und die Erwartungen der Arbeitnehmervertreter erkundet. Was folgt daraus? Von Winfried Heidemann

WINFRIED HEIDEMANN ist Leiter des Referats Qualifikation der Hans-Böckler-Stiftung. Die Fragen stellte CORNELIA GIRNDT/Foto: Karsten Schöne

Was haben die seit 2004 unternommenen Böckler-Studien erbracht? Was wissen wir nun?
Bei den Bildungsangeboten für Betriebsräte hat sich seit Jahren ein Markt mit vielen und unterschiedlichen Anbietern entwickelt. Den kennen wir nun genauer: Die gewerkschaftlichen Bildungseinrichtungen haben hier kein Monopol mehr. Es gibt einen Wettbewerb zwischen fast 200 Anbietern bundesweit. Gewerkschaften und kommerzielle Institute decken jeweils eine knappe Hälfte des realisierten Angebotes ab. Wichtig ist: Viele kleinere kommerzielle Institute sind durchaus gewerkschaftsnah. Aber das Angebot konzentriert sich bei wenigen großen Anbietern, und die beiden größten, ifb und W.A.F., sind kommerzielle Institute.

Wie hoch ist die Qualifizierungsbereitschaft der Betriebsräte?
Wir sehen in unseren Daten, dass - Mehrfachteilnahmen berücksichtigt - etwa ein Viertel aller Betriebsratsmitglieder pro Jahr an einer Weiterbildung für ihr Mandat teilnehmen. Rein rechnerisch nimmt also jedes Betriebsratsmitglied einmal in der Legislaturperiode an einer solchen Weiterbildung teil. Verglichen mit der Teilnahme an beruflicher Weiterbildung in den Betrieben, deren geringes Ausmaß von den Gewerkschaften kritisiert wird, sieht es in der Weiterbildung für Betriebsräte eher noch schlechter aus. Deutlich wird aber auch, dass gewerkschaftlich organisierte Betriebsratsmitglieder wesentlich häufiger an Schulungen teilnehmen als solche, die keiner Gewerkschaft angehören.

Was wollen die Betriebsräte heutzutage?
Die Bildungswünsche von Betriebsratsmitgliedern konzentrieren sich auf Fachwissen, das mit ihrer Betriebsratsfunktion verbunden ist, auf organisatorische und personale Kompetenzen. Vorrangig entscheiden Betriebsratsmitglieder bei der Auswahl von Bildungsangeboten, ob es ihrer täglichen Arbeit nutzt. Der oft genannte "Wohlfühlfaktor" ist jedenfalls nicht entscheidend. Zu denken gibt: Eine knappe Mehrheit der befragten Betriebsräte befürwortet sogar ein "gemischtes" Angebot von gewerkschaftlichen und nicht gewerkschaftlichen Trägern, um Informationen aus unterschiedlicher Sicht zu erhalten. Und immerhin ein Drittel - in Großbetrieben mehr als die Hälfte - der Betriebsratsmitglieder befürwortet Angebote, die zu einem anerkannten Abschluss führen können. Von wem dieses Angebot institutionell gemacht wird, interessiert weniger.

Wie weiter in der Betriebsrätebildung?
Betriebsrätebildung muss sich zunächst einmal den Erfordernissen einer funktionsbezogenen Professionalisierung der Betriebsrätearbeit stellen. Dabei geht es einerseits um Spezialkenntnisse - Stichworte Betriebswirtschaft, Organisation, Management. Zum anderen geht es um eine grundlegende Befähigung der Betriebsratsmitglieder, selbstständig mit Komplexität im Unternehmen und seinem Umfeld fertigzuwerden.
Weiterhin muss die Betriebsrätebildung den Anschluss an Berufswege ermöglichen: mit Bildungsangeboten, die auch für die berufliche Weiterentwicklung von Betriebsratsmitgliedern genutzt werden können und die vor allem zu einer "Passagensicherung" bei Ausscheiden von langjährig freigestellten Betriebsratsmitgliedern beitragen. Denn zunehmend wollen Betriebsratsmitglieder nicht "Betriebsrat bis zur Rente" sein, sondern wieder in ihrem Beruf arbeiten oder berufliche Aufstiegschancen ergreifen.

Und als Teil der Erwachsenenbildung generell?
Betriebsrätebildung muss auch den Anschluss an Bildungswege im öffentlichen Bildungssystem ermöglichen: Nicht alle, aber doch eine Reihe von Bildungsangeboten können durchaus mit einem Abschlusszertifikat verbunden werden, das einen Wert auf dem Bildungs- und Arbeitsmarkt hat. Es gibt bereits einige weiterbildende Studiengänge für Betriebsräte , sie sollten ausgebaut werden. Um die Durchlässigkeit zu höherer Bildung zu ermöglichen - anerkannte Fortbildungsabschlüsse, Zugang zur Hochschule -, können Angebote zu Lerneinheiten zusammengefügt werden, die an formale Bildungsgänge anknüpfen lassen. All dies bringt mit sich, dass sich die Bildungsarbeit für Betriebsräte selber professionalisieren muss. Das heißt, sie muss sich in der Profession der Erwachsenenbildner als "Player" verankern.

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