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Magazin Mitbestimmung

: EXKLUSIV ONLINE Warum dem Ford Transit ein Sitzplatz fehlte

Ausgabe 06/2004

Bringt es Vorteile, wenn Unternehmen auf die vielfältigen Kenntnisse einer multikulturellen Belegschaft zurückgreifen können? Auf jeden Fall ist das Diversity-Konzept bereits in großen, deutschen Unternehmen angekommen.

Von Birgit Böhret
Die Autorin ist Journalistin in Berlin.

Die Geschichte ist entweder wahr oder erfunden. Ratlos fragte sich das Management des Autoherstellers Ford, warum sich ihr Verkaufsschlager "Transit" in Saudi-Arabien nur schlecht absetzen ließ. Schließlich erfuhr die Firmenleitung den Grund - dem achtsitzigen Transporter fehlte der neunte Platz. Doch Mekka-Pilger reisen in der Regel in Neuner-Gruppen, hieß die Erklärung. Bestätigt wird das von Muslimen zwar nicht. Dennoch wird die Geschichte immer wieder als Beleg für die Notwendigkeit einer neuen Personalpolitik zitiert - das "Diversity-Konzept": Es streicht die Vorteile heraus, wenn Unternehmen auf die vielfältigen Kenntnisse einer multikulturellen Belegschaft zurückgreifen können.

Wie bei Ford in Köln arbeitet auch in Rüsselsheim eine multikulturelle Arbeitnehmerschaft. "Viele Nationen - ein Opel", steht auf einem T-Shirt, das Auszubildende der Adam Opel AG im vergangenen Jahr entworfen haben. Der Rüsselsheimer Autohersteller hat "Toleranz und fairen Umgang" in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben. Für den Opel-Arbeitsdirektor Norbert Küpper ist die Integration aller Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Herkunft und Kultur "eine zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe der Wirtschaft".

"Die Unterschiedlichkeit der Menschen ist für uns ein besonderer Wert. Dazu gehören Religion und Herkunft, genauso wie Alter, sexuelle Identität und anderes mehr." Dieser Diversity-Grundsatz der Commerzbank findet sich so ähnlich bei allen Firmen, die mit der Vielfalt ihrer Mitarbeiter ein neues Unternehmenskonzept anstreben. Dahinter steht nicht allein das Ziel, die Zufriedenheit der Beschäftigten zu fördern. "Die Verschiedenartigkeit der einzelnen Mitarbeiter als Potenzial für den gemeinsamen Unternehmenserfolg zu fördern und zu nutzen", heißt es zum Beispiel bei der deutschen BP. Oder: "Die Deutsche Bank nutzt die Unterschiedlichkeit und Individualität als Wettbewerbsvorteil."

Bei Kraft Foods in Bremen begann die Diversity-Diskussion vor fünf Jahren. Die Idee kam von der amerikanischen Konzern-Mutter, umgesetzt wurde sie gemeinsam mit dem Betriebsrat. In Deutschland heißt das Projekt "Kraft Flex" und versteht sich als Initiative, die - so die Pressemitteilung des Unternehmens - "die Organisation zu einer gut funktionierenden Leistungs- und Sozialgemeinschaft" macht. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Helmut Rehner und seine Kollegen setzten sich erst einmal mit der Geschäftsführung zusammen, um die Vorschläge aus Übersee ihren eigenen Vorstellungen gegenüber zu stellen und Gemeinsamkeiten abzuklären. Anschließend wurden in jedem Werk alle Beschäftigten eingeladen, ebenfalls an diesem Konzept mitzuarbeiten.

Die Ergebnisse bis heute sind eine verstärkte Förderung von Frauen, unter anderem durch Teilzeit- und Heimarbeitsangebote. Darüber hinaus gibt es mittlerweile einen Betriebskindergarten. Einige Punkte waren bereits in Betriebsvereinbarungen geregelt oder wurden neu vereinbart. Ganz generell ist Frauenförderung - mittlerweile "Gender Mainstreaming" genannt - in den deutschen Firmen ein Schwerpunkt der Vielfältigkeits-Konzepte.

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