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Magazin Mitbestimmung

: dazu Interview mit dem FRESENIUS SE-Aufsichtsrat Dario Ilossi 'Das war eine heikle Angelegenheit'

Ausgabe 07+08/2008

Erfolgreich hat sich Dario Ilossi dafür eingesetzt, dass die Gewerkschaften im Betriebs- und im Aufsichtsrat der Fresenius SE vertreten sind. Ilossi ist selbst Gewerkschafter - bei der italienischen CISL und der europäischen Chemiegewerkschaftsföderation EMCEF.

Mit Dario Ilossi sprachen MARIO MÜLLER und CORNELIA GIRNDT/Foto: Wolfgang Roloff

Signore Ilossi, Sie sind der erste Italiener im Aufsichtsrat eines Unternehmens. Fühlen Sie sich als Pionier?
In der Tat ist in Italien diese Art der Beteiligung neu. Ich hatte mich aber mit der SE befasst und war deshalb auch ins Besondere Verhandlungsgremium entsandt worden. Die italienische Gesetzgebung sieht vor, dass ein gewerkschaftlicher Vertreter aufgrund einer Einigung zwischen den Gewerkschaften ernannt wird.

Fresenius ist nun aber eine SE nach deutschem Modell. War es schwierig, an Informationen zu kommen?
EMCEF und die Hans-Böckler-Stiftung vermittelten allgemeine Kenntnisse über die SE. Da es aber keine italienische Übersetzung des deutschen SE-Beteiligungsgesetzes gab, musste ich mir mit einer englischen Fassung behelfen.

Wie liefen die Verhandlungen im BVG?
Das war eine heikle Angelegenheit. Die Gegenseite, also das Management, war anfangs immer auf der Hut. Über allem schwebte das Damoklesschwert der Auffanglösung. An einigen Stellen spürte man den schwelenden Konflikt zwischen IG BCE und ver.di, aber der wurde nicht in das BVG getragen.

Aber es gab Probleme mit der Auswahl der Sachverständigen?
Ich hätte es begrüßt, wenn Experten der europäischen Gewerkschaften zu den Verhandlungen im BVG hinzugezogen worden wären, am Ende wird ja ein Vertrag über die Arbeitnehmerbeteiligung unterzeichnet. Das war bei Fresenius zeitlich nicht möglich.

Was waren für Sie die wichtigsten Erfolge?
Nach zähem Ringen mit dem Management konnten wir durchsetzen, dass sowohl in den SE-Betriebsrat als auch in den SE-Aufsichtsrat externe Gewerkschaftsmitglieder einziehen. Gut ist auch, dass der SE-Betriebsrat ein Initiativrecht hat, er kann neben gesetzlich vorgegeben Themen, wie etwa Chancengleichheit, weitere Themen auf die Tagesordnung setzen.

Was betrachten Sie als Ihren persönlichen Beitrag zum Vertrag?
Ich habe mich dafür starkgemacht, dass der SE-Betriebsrat jederzeit das Recht hat, zu seinen Sitzungen zwei Vertreter der Europäischen Föderationen der Chemie- und der Dienstleistungsgewerkschaften hinzuzuziehen. Außerdem können noch Sachverständige geladen werden.

Sie haben an fünf Aufsichtsratssitzungen teilgenommen. Was war Ihr Eindruck?
Ich ging davon aus, dass der Aufsichtsrat ein kollegiales Gremium ist, das intensiv miteinander diskutiert. Die Möglichkeiten sind jedoch begrenzt, wie ich inzwischen feststellen musste. Dagegen sind die Arbeitnehmer-Vorbesprechungen für mich hochinteressant.

Haben Sie zwei Herzen in der Brust, als Italiener und Europäer?
Im Aufsichtsrat vertrete ich ganz klar die europäischen Beschäftigten in diesem weltweit agierenden Gesundheitskonzern. Eine neue Identität zu entwickeln, das ist die große Herausforderung, vor der wir als Arbeitnehmer stehen: Denn die Gewerkschaftserfahrungen sind immer noch überwiegend national geprägt.


 

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