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Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Bischofferode ist überall

Ausgabe 07+08/2014

1993 verstehen die ostdeutschen Kumpel die Welt nicht mehr. Das Kali-Salz, das sie in Bischofferode abbauen ist von bester Qualität und würde noch Jahrzehnte reichen. Trotzdem wird das Bergwerk dichtgemacht.

Die ostdeutschen Kalikumpel sind enttäuscht und schockiert. Gerade erst eingeführt, wird die Soziale Marktwirtschaft im Sommer 1993 vor der Abraumhalde des thüringischen Kalibergwerks Bischofferode schon wieder symbolisch zu Grabe getragen. Seit Monaten herrscht der Ausnahmezustand. Die Kali-Bergleute halten ihr Werk besetzt, nachdem das Management sie über die Schließung informiert hat. Dabei sind die hiesigen Kalivorkommen, aus denen meist Dünger hergestellt wird, von bester Qualität. Die Vorräte reichen für Jahrzehnte. In der DDR war das Werk als VEB Thomas Müntzer eine Perle in der ansonsten maroden Staatswirtschaft: größter Arbeitgeber der Region – und ein Devisenbeschaffer, der bis nach Norwegen verkaufte. Doch nach der Wende sollte der neu entstandene Treuhandbetrieb, die Mitteldeutsche Kali AG, mit der westdeutschen Kali und Salz AG fusionieren. Bischofferode scheint auf einmal überflüssig zu sein. Die Kumpel verdächtigen westdeutsche Kali-Manager und Politiker der Marktbereinigung zugunsten der westdeutschen Betriebe.

Aber sie sind entschlossen, zu kämpfen. Nichts lassen sie unversucht. Sie arbeiten weiter ihre Schichten unter Tage ab. Sie reisen zum Papst nach Rom, demonstrieren in Bonn und vor den Türen der Treuhandanstalt in Berlin. Sogar in den Hungerstreik treten einige Kumpel. Mit dem Slogan „Bischofferode ist überall“ werben sie um Unterstützung. Zu Aktionstagen strömen Tausende nach Bischofferode, auch aus den Gewerkschaften erfahren sie Unterstützung. Doch deren Haltung ist uneinheitlich. Die Branchengewerkschaft IG Bergbau und Energie ist am Ende bereit, die Fusion der beiden Kali-Unternehmen mitzutragen. Aus Wut besetzen Mitglieder der damaligen Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) im August 1993 zeitweise sogar die Berliner Zentrale der Bergbau-Gewerkschaft. Letzten Endes ist der harte Kampf der Kumpel vergebens. Einige Übergangsregeln können sie der Politik abtrotzen. Doch als im Dezember 1993 auch die Brüsseler Wettbewerbshüter der Fusion zustimmen, ist das Ende besiegelt. Das Werk wird geschlossen. Was bleibt, ist ein Museum.

Text: Marc von Lüpke

RÄTSELFRAGEN

- Welcher deutsche Chemiker revolutionierte durch sein Verfahren zur Ammoniaksynthese die Herstellung von Kunstdünger?

- In welchem Konflikt des 16. Jahrhunderts wurde der Reformator Thomas Müntzer enthauptet?

- In welcher Religion existiert eine Göttin namens Kali?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 21. August 2014 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

PREISE

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro, 2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 30 Euro

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AUFLÖSUNG DER RÄTSELFRAGEN 6/2014

Parteikasse – Jean Jaurès – Käthe Kollwitz

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