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Magazin Mitbestimmung

: 'An der Spitze der Proteste'

Ausgabe 07+08/2010

SOZIALDEMOKRATIE Seit Juni steht Sascha Vogt an der Spitze der Jungsozialisten, der Jusos. Der Referent der Hans-Böckler-Stiftung will sich für ein stärkeres soziales Profil seiner Partei einsetzen. Von Katrin Pepping

Von Katrin Pepping ist Redakteurin in der Hans-Böckler-Stiftung./Foto: Mark Wilkendorf

Eigentlich wollte Sascha Vogt nur in die Bundespolitik hineinschnuppern. Dafür ließ er sich 2009 in den Bundesvorstand der Jusos wählen. Nun steht er an der Spitze der Jugendorganisation der SPD. Mit 68,1 Prozent der Stimmen wählten ihn die Delegierten des Bundeskongresses in Essen am 18. Juni zu ihrem Vorsitzenden - ein gutes Ergebnis für Juso-Verhältnisse. "Das war niemals so geplant", erklärt der Politikwissenschaftler. Der Rücktritt seiner Vorgängerin Franziska Drohsel, die das Amt vorzeitig abgab, um sich auf ihr Jura-Studium zu konzentrieren, habe alle überrascht. Und die Tatsache, dass sie ihn als ihren Nachfolger vorschlug, umso mehr.

Angesichts Vogts bisheriger politischer Karriere erscheinen seine Nominierung und Wahl jedoch eher als logische Konsequenz denn als Zufälligkeit. Der 29-Jährige kann bereits auf ein Dutzend Jahre politischer Arbeit zurückblicken. "Ich habe ganz klassisch begonnen als Klassensprecher, dann als Schülersprecher und zu Hause viel mit meinen Eltern über politische Themen diskutiert", berichtet Vogt. Mit 17 gründete er dann eine Juso-Gruppe in seiner Heimat im sauerländischen Hemer. "Bei uns gab es nur die Junge Union. Das passte einfach inhaltlich nicht zu meinen Ideen."

Mit Beginn seines Studiums in Münster engagierte sich der Politikwissenschaftler zusätzlich in der Hochschulpolitik, wurde AStA-Vorsitzender und Geschäftsführer des bundesweiten Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren. Parallel blieb er bei den Jusos aktiv, rückte in den NRW-Landesvorstand auf und dann im vergangenen Jahr zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden. "Es hat mir schon immer Spaß gemacht, mich für die Interessen anderer einzusetzen und daran zu arbeiten, dass dieses Land gerechter wird", beschreibt Vogt seine Motive. Akzente möchte er vor allem in der Sozial- und Wirtschaftspolitik setzen: "Deutschland braucht eine Strategie für Vollbeschäftigungspolitik. Das ist bei den ganzen Hartz-Reformen vernachlässigt worden", erklärt Vogt. Wichtig ist ihm auch eine Eindämmung der Leih- und Zeitarbeit sowie des Niedriglohnsektors.

In seiner Funktion als Juso-Bundesvorsitzender will Vogt vor allem auf "zwei großen Baustellen" tätig werden: Zum einen sei "konsequente Oppositionsarbeit" gefragt. "Die Jusos werden an der Spitze der Proteste gegen Schwarz-Gelb stehen", kündigt Vogt an. Schonen will er aber auch die eigene Partei nicht. "Die Erneuerung der SPD muss weiter vorangetrieben werden." Nicht ohne Grund habe sie die Bundestagswahl verloren, sagt der Juso-Vorsitzende. "Die Leute glauben nicht mehr, dass die SPD für soziale Gerechtigkeit in Deutschland sorgt. Das muss sich wieder ändern." Dafür gelte es auch, die Verbindungen zu den Gewerkschaften und anderen gesellschaftlich und politisch aktiven Gruppen zu stärken. "Wir müssen gerade jetzt enger zusammenrücken. Das ist mir eine Herzensangelegenheit", sagt Vogt.

Von der Politikverdrossenheit junger Menschen will er nichts hören. "Jugendliche und junge Erwachsene sind heute nur anders organisiert - bei Umweltverbänden oder Attac zum Beispiel. Darauf müssen sich die Jusos stärker einstellen und gemeinsame Positionen finden."

Privat will Vogt erst einmal alles beim Alten belassen. Der Juso-Vorsitzende lebt in Essen, pendelt regelmäßig für seine Arbeit als Referent der Hans-Böckler-Stiftung nach Düsseldorf und nun öfter für politische Termine nach Berlin. "Ich gehe davon aus, dass der Zeitplan straffer, die Reisen häufiger werden. Das haben bereits die ersten Tage gezeigt", erzählt er. Dennoch will Vogt an seiner halben Stelle in der Böckler-Studienförderung festhalten. Dort betreut er seit 2007 Stipendiatinnen und Stipendiaten der Fächer Politik und Sozialwissenschaften. "Die Arbeit macht mir unheimlichen Spaß", erklärt Vogt. Zudem wolle er sich durch ein zweites Standbein auch eine gewisse Unabhängigkeit von der Politik bewahren, "sonst bekommt man schnell einen Tunnelblick", ergänzt Vogt. Nur seine Promotion über Weiterbildungsangebote für Langzeitarbeitslose müsse vermutlich erst einmal ruhen. Wie lange, das ist noch offen. Die Delegierten gaben ihm bei der Nachwahl in Essen zunächst nur für ein Jahr ihre Stimme. Dann wird turnusgemäß der Bundesvorstand neu gewählt. "Ich bin aber nicht angetreten, um für zwölf Monate den Übergang zu verwalten", sagt Vogt.

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