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Magazin Mitbestimmung

Von MICHAELA NAMUTH: Allianz: Hundert Jahre sozialer Dialog

Ausgabe 10/2017

Rezension Ein Band, den die Betriebsräte in Auftrag gegeben haben, erzählt vom Kampf um Arbeitnehmerrechte bei einem der größten Versicherer der Welt.

Von MICHAELA NAMUTH

Der Titel klingt sperrig. Doch das Buch der Historiker Werner Milert und Rudolf Tschirbs ist gut geschrieben und interessant zu lesen.  Denn die Geschichte der Mitbestimmung bei der Allianz ist auch die Geschichte der deutschen Demokratie und des sozialen Wandels im vergangenen Jahrhundert. Es geht nicht nur um einen Versicherungskonzern, sondern zugleich um die Veränderung der Arbeitsbedingungen in deutschen Unternehmen.

Diese werden von den Autoren eindrücklich dargestellt. Über das soziale Klima in den Büros bei dem Allgemeinen Deutschen Versicherungsverein, dem Vorläufer der Allianz, im Jahre 1914 heißt es: “Sitzgelegenheiten waren knapp, man musste am Stehpult durchhalten, und zuweilen entbrannte ein Kampf um den einzigen Drehschemel. Die Schreibtische der Mitarbeiter wurden regelmäßig kontrolliert, private Unterhaltungen waren unzulässig.”

Den Weg von diesem paternalistischen Führungsstil bis zur Mitbestimmung im Aufsichtsrat der Allianz SE beschreiben die Autoren als langwierig und geprägt von “Konflikten, Rückschlägen und Mühen der Alltagsarbeit in den innerbetrieblichen Beziehungen”. Dazwischen liegen das  Betriebsrätegesetz der Weimarer Republik, die Zerstörung der Mitbestimmungskultur durch den Nationalsozialismus und der Krieg.

Es folgten die Aufbaujahre und schon 1956  der Einstieg in die elektronische Datenverarbeitung. In den 1970er Jahren wurde rationalisiert, aber auch die Mitbestimmung im Aufsichtsrat gesetzlich verankert. 1988 gründete der Gesamtbetriebsrat die Arbeitsgruppe “Frauenförderung”.

Heute erreicht der Anteil der Frauen in Führungspositionen bei einzelnen Tochtergesellschaften des Konzerns wie der Allianz Deutschland AG über 30 Prozent. Aus dem Versicherer ist ein internationaler Konzern geworden. Durch die Wahl der Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft für die Holding blieb dort der Aufsichtsrat zwar erhalten, ist aber von 20 auf 12 Sitze verkleinert worden.

Neue Herausforderungen stehen an, vor allem die Digitalisierung. Doch was zähle, sei letztendlich “der gute Wille zur Zusammenarbeit”, schreiben die Betriebsräte im Vorwort. Sie haben die Forschungsarbeit in Auftrag gegeben, um zu zeigen, dass der soziale Dialog ein wertvolles Instrument ist, das im Laufe eines Jahrhunderts Schritt für Schritt errungen wurde.

Foto: Karsten Schöne

 

Werner Milert, Rudolf Tschirbs, “Der gute Wille zur Zusammenarbeit“. Geschichte der Mitbestimmung bei der Allianz.  Allianz-Verlag, München 2017, 116 Seiten. (Der Preis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest) Bezug über das Firmenhistorische Archiv: barbara.eggenkaemper@allianz.de

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