zurück
Norbert Kluge Magazin Mitbestimmung

: Politik trifft Praktiker

Ausgabe 02/2020

In Brüssel tauschten sich Betriebsräte und Vertreter der EU-Politik aus. Norbert Kluge von der Hans-Böckler-Stiftung sagt: "Es geht vor allem um die Rechte der Betriebsräte." Die Fragen stellte Fabienne Melzer

Welches Fazit ziehst du nach der Tagung, zu der die Hans-Böckler-Stiftung im Februrar in Brüssel eingeladen hatte?
Das Format bringt die Praktiker aus den Betrieben mit Politikern direkt ins Gespräch. Es ist aber auch attraktiv für Menschen an den Brüsseler Schreibtischen. Sie interessieren sich für Einblicke in die Praxis. Sie bekommen sie relativ einfach von den Lobbybüros der Unternehmen, aber nicht so oft von unserer Seite. Wir bringen sie mit Europäischen Betriebsräten zusammen, die berichten, was sie für die Mitbestimmung brauchen. Da können auch Arbeitgeberverbände dann nicht einfach sagen: Das ist wieder so eine typische Maximalforderung der Gewerkschaften.

Welche Themen konntet ihr anbringen?
Auf europäischer Ebene geht es immer um die Europäischen Betriebsräte. Sie brauchen bessere Rechte. Ihr Recht kann nicht damit aufhören, dass der Arbeitgeber sie anhören muss und dann sagt: Dankeschön für Ihre Meinung – und das war’s.

Gibt es Signale, dass sich etwas ändert?
Die erneute Revision der Richtlinie für Europäische Betriebsräte steht auf der Tagesordnung. Wir wollen ihnen mehr Rechte verschaffen. Das wird kein einfacher Kampf. Wann immer in der Vergangenheit sich politisch ein Fenster dafür öffnete, hatten die Arbeitgeber sofort Ideen, welche Verbesserungen der Europäische Betriebsrat nicht bekommen soll. Sie machen das oft sehr geschickt. Ein Beispiel: Sie sind dafür, Europäische Betriebsräte besser zu schulen, aber sie sind dagegen, die Schulungen zu bezahlen. 

Welche Themen wurden am meisten diskutiert?
Bei Restrukturierungen geht es immer darum, Arbeitnehmervertretungen rechtzeitig einzubeziehen. Werden Europäische Betriebsräte erst informiert, wenn Veränderungen geplant und schon halb umgesetzt sind, können sie oft nur noch die Scherben zusammenkehren.Das ist ein wichtiger Punkt: Vorzeitig einbezogen zu werden ist immer wieder strittig und funktioniert auch nur in ganz wenigen Fällen wirklich gut. BASF hat zum Beispiel einen relativ starken Europäischen Betriebsrat in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Da erwartet auch das Unternehmen von den Arbeitnehmervertretern, dass sie auf europäischer Ebene mit einer Stimme sprechen.Es ist wichtig, dass keiner aus der Reihe tanzt und dass Arbeitgeber die Belegschaften nicht gegeneinander ausspielen können. Das gelingt mal besser und mal weniger gut. Opel ist immer noch legendär: Zwar konnte die Stilllegung bei Vauxhall nicht verhindert werden, aber es war der erste und einzige Sozialplan, der in Großbritannien jemals geschlossen worden ist.

Wie geht es weiter?
Mit der Tagung wollten wir verbesserte Rechte für den Europäischen Betriebsrat wieder auf die politische Agenda packen. Insbesondere die Unterrichtungsrechte sollten besser sein als bisher, aus deutscher Sicht mindestens so wie im deutschen Wirtschaftsausschuss. Das ist noch unterhalb des Aufsichtsrats, aber bei den Rechten schon relativ nah dran. Soll die Richtlinie wirklich Verbesserungen bringen, muss sie auch effizient sein. Das heißt: Wer Betriebsräte nicht beteiligt, muss mit Strafen rechnen. Das darf dann aber nicht nur ein kleines Handgeld sein, das muss auch wirken.

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen