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Systemrelevant Folge 172 Podcasts

Systemrelevant Podcast: Wie steht es um die Gleichstellung bei der Transformation?

HSI-Direktorin Johanna Wenckebach erläutert, warum Gleichstellung in den Prozessen der sozial-ökologischen Transformation berücksichtigt werden muss.

[15.12.2023]

Die sozial-ökologische Transformation ist ein derart umfassendes gesellschaftliches und wirtschaftliches Thema, dass nicht nur Umweltaspekte, sondern auch soziale und geschlechterbezogene Dimensionen immer relevanter werden - darum geht es in der neuen Folge unseres Podcasts Systemrelevant. Dazu müsse gezielt die Geschlechtergerechtigkeit in den Mittelpunkt der Transformationspolitik gerückt werden, sagt HSI-Direktorin Johanna Wenckebach. Sie wurde dazu auch in die Sachverständigengruppe für den vierten Gleichstellungsbericht mit dem Schwerpunkt "Gleichstellung in der ökologischen Transformation" der Bundesregierung berufen.

Die Gleichstellungsperspektive sollte verschiedene Bereiche der Transformation durchziehen – angefangen von etablierten Industrien bis zu neuen grünen Berufsfeldern. Das Ziel: „Bei der Geschlechtergleichstellung keine Rückschritte zu machen - oder idealerweise vielleicht sogar Fortschritte zu machen“, sagt Johanna Wenckebach.

Neben der unausgeglichenen Verteilung der Sorgearbeit und der damit verbundenen Ausgestaltung der Arbeitszeit sind auch andere Bereiche wie Bildung, Mobilität und Stadtplanung Schlüsselaspekte für die Teilhabe von Frauen. Johanna Wenckebach betont, dass die für die Transformation relevanten "grünen" Berufe nicht in alten Mustern verharren dürfen, insbesondere hinsichtlich geschlechtsspezifischer Rollenklischees. Eine Anpassung der Strukturen in diesen Bereichen ist erforderlich, um eine gleichberechtigte Einbindung von Frauen zu gewährleisten.

Die Besetzung von Führungspositionen und die Sicherung gleicher Startchancen müssen ebenso im Fokus stehen, um geschlechtsspezifische Ungleichheiten in diesen Bereichen zu überwinden. Bezüglich des Zugangs zu bestimmten Berufen und der Gründung von Unternehmen betont Wenckebach, dass bestehende Strukturen Frauen oft daran hindern, erfolgreich in grünen Start-ups Fuß zu fassen. Diese Benachteiligung zeigt sich beispielsweise beim Einwerben von Risikokapital.

Die ökologische Transformation kann nur dann erfolgreich und nachhaltig sein, wenn die Gleichstellungsperspektive konsequent in verschiedenen Dimensionen integriert wird. Ein ganzheitlicher Ansatz ist erforderlich, um sicherzustellen, dass Frauen gleichermaßen von den Chancen dieser Transformation profitieren und aktiv zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen können.

Dr. Irene Becker hat in ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie ein angemessen hohes soziokulturelles Existenzminimum berechnet und festgestellt, dass das Niveau der Kindergrundsicherung je nach Alter der Kinder um 6 bis 30 Prozent höher sein müsste als nach der gesetzlichen Bedarfsermittlung.

Beckers Reformvorschlag sieht vor, die Konsumausgaben der gesellschaftlichen Mitte als Bezugspunkt zu nehmen. So wäre es nach Analyse der Armutsexpertin etwa plausibel, soziokulturelle Teilhabe als gerade noch gegeben zu definieren, wenn Haushalte bei den Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Ernährung, Bekleidung und Wohnen nicht mehr als 25 Prozent und bei sonstigen Bedürfnissen nicht mehr als 40 Prozent von der Mitte nach unten abweichen. Damit lebt die Referenzgruppe zwar deutlich unter der gesellschaftlichen Mitte, hätte aber noch mehr Teilhabemöglichkeiten als bei der bisherigen Berechnung, die den Kindern und damit letztlich der gesamten Gesellschaft schadet.

Moderation: Marco Herack

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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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