zurück
HBS Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Wirtschaftskrise: Industriearbeiter im Westen waren die Verlierer

Ausgabe 19/2010

Der Einbruch der Auslandsnachfrage in der jüngsten Rezession hat nur Teile des deutschen Arbeitsmarktes getroffen. Im Dienstleistungsbereich ging der Beschäftigungszuwachs weiter.

Ausgangspunkt der weltweiten Wirtschaftskrise war die Finanzbranche. Dennoch waren es in Deutschland nicht in erster Linie Banker, die ihren Job verloren, sondern Industriearbeiter. Als die Finanzkrise auf die Realwirtschaft übersprang, bekamen Wirtschaftszweige, die für den Export arbeiten, den globalen Nachfrageausfall deutlich zu spüren: Maschinen- und Fahrzeugbau, chemische und pharmazeutische Industrie. Eine Studie von Martin Rosemann und Andrea Kirchmann vom Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen gibt nun einen Überblick über die Auswirkungen der Krise am Arbeitsmarkt. Die Wissenschaftler haben untersucht, wie sich Beschäftigung und Arbeitslosigkeit verschiedener Arbeitnehmergruppen vom ersten Quartal 2008 bis zum ersten Quartal 2010 verändert haben.

Während die Zahl der Jobs im exportorientierten Verarbeitenden Gewerbe sank, erholte sich die Beschäftigung bei Banken und Versicherungen nach einem anfänglichen Rückgang relativ schnell. Und in weiten Teilen des Dienstleistungsbereichs war - wie schon in der Rezession der Jahrtausendwende - vom Konjunktureinbruch wenig zu spüren: Die Zahl der Arbeitsplätze nahm auch während der Krise zu. Restaurants, Hotels, Schulen, Kinderkrippen, Sozial und Gesundheitseinrichtungen stellten trotz Wirtschaftsflaute ein.

Den unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen entsprechend gehören nicht alle Regionen zu den Krisenverlieren. In Ostdeutschland nahm die Arbeitslosigkeit ab. Am stärksten stieg die registrierte Arbeitslosigkeit in Bayern und Baden-Württemberg. Weil sich die verschiedenen Arbeitnehmergruppen - Männer und Frauen, Hoch- und Geringqualifizierte - nicht gleichmäßig auf die Branchen und Betriebe verteilen, sind diese Gruppen auch in einem unterschiedlichem Maß von der Krise betroffen. Hauptverlierer waren die Männer. Sogar innerhalb der Branchen, die besonders mit Auftragsrückgängen zu kämpfen hatten, verloren sie öfter den Job als Frauen. Das könnte mit den spezifischen Tätigkeiten zu tun haben, mutmaßen Rosemann und Kirchmann: Männer arbeiten häufiger in der Produktion, die Frauen eher in der Verwaltung. Besonders stark zurückgegangen ist die Beschäftigung von Personen ohne eine Berufsausbildung, während die Zahl der Beschäftigten mit Hochschulzeugnis trotz Krise gestiegen ist. Unter-25-Jährige hatten es zumindest im ersten Krisenjahr deutlich schwerer, einen Job zu finden.

Der Konjunktureinbruch hat sich auch auf die verschiedenen Beschäftigungsformen unterschiedlich gewirkt: Während die Zahl der Vollzeitstellen sank, nahm die Teilzeitbeschäftigung zu. Im ersten Krisenjahr arbeiteten noch mehr Menschen als zuvor ausschließlich in einem Minijob, im zweiten Jahr ging die geringfügige Beschäftigung wieder zurück. Der stärkste Rückgang war, wenig überraschend, im ersten Krisenjahr bei der Leiharbeit zu verzeichnen.

  • Die Beschäftigung von Männern ist in der Wirtschaftskrise zurückgegangen, die von Frauen hat hingegen zugenommen. Zur Grafik
  • Krise paradox: Die deutsche Wirtschafts fällt in eine Absatzkrise, aber in dieser Zeit nimmt die Arbeitslosigkeit ab. Zur Grafik

Martin Rosemann und Andrea Kirchmann: Wer sind die Betroffenen der Krise? Parallelen und Unterschiede zur vorangegangenen Krise, in: WSI-Mitteilungen 11/2010.

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen