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HBS Böckler Impuls

Finanzpolitik: Was gute Bildung kostet

Ausgabe 16/2009

Bund und Länder wollen bis 2015 sieben Prozent der Wirtschaftskraft für Bildung ausgeben. Selbst wenn dies gelänge - für ein gutes Bildungswesen wäre es immer noch zu wenig.

Vor einem Jahr verständigten sich Bund und Länder beim so genannten Bildungsgipfel darauf, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) für Bildung und Forschung aufzuwenden: sieben für Bildung, drei für Forschung. Wird das Versprechen eingelöst, schließt die Bundesrepublik zu den OECD-Ländern auf, die am meisten für Bildung ausgeben. Das wäre eine Trendwende, denn der BIP-Anteil des Bildungsbudgets im engeren Sinne - Schulen, Ausbildung, Hochschulen - sank zwischen 1995 und 2006 von 5,1 auf 4,8 Prozent. Zählt man Krippen, Weiterbildung und Jugendarbeit mit, ging er von 6,9 auf 6,2 Prozent zurück. Der Ökonom Roman Jaich hat für die Hans-Böckler-Stiftung analysiert, was dem ehrgeizigen Ziel im Weg steht. Und er hat berechnet, wie viel Geld das Bildungswesen pro Jahr bräuchte, wenn die wichtigsten Verbesserungsvorschläge von Experten umgesetzt werden sollen.

Der Wissenschaftler beziffert in seiner Studie den zusätzlichen Bedarf in allen Etappen der Bildungslaufbahn - für den Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen, eine bessere Ausstattung der Hochschulen, mehr Qualifizierung in Betrieben und der Erwerbslosen. Der Mehraufwand summiert sich auf jährlich 36,94 Milliarden Euro. Der Staat müsste 27,75 Milliarden mehr beisteuern, Unternehmen und Privatpersonen den Rest. Dabei hat der Forscher Sachinvestitionen wie den Sanierungsbedarf an Schulen nicht einmal berücksichtigt. Aber auch so wäre eine Erhöhung der Bildungsausgaben um ein gutes Viertel angezeigt. Das Budget belief sich 2006 auf insgesamt 142,9 Milliarden Euro.

Der faktische Bedarf ist größer als die angekündigten sieben Prozent des BIP. Dennoch erwartet der Wissenschaftler nicht, dass Bund und Länder ihr Ziel erreichen. Die Ansage stehe im Widerspruch zur Finanzpolitik: Aufgrund der beschlossenen Schuldenbremse muss in den Ländern bis 2020 die Neuverschuldung auf Null reduziert werden. "Die Schuldenbremse führt dazu, dass Ländern und Kommunen die finanzielle Grundlage für eine gestaltende Bildungspolitik entzogen wird", so Jaich. Zudem darf der Bund seit der Förderalismusreform II kaum noch Bildungspolitik betreiben. Die Unterschiede in den Bildungs- und Lebenschancen je nach Wohnort dürften sich nochmals verstärken.

  • ine Erhöhung des Bildungsbudgets um sieben Prozent ist noch zu wenig - Roman Jaich hat berechnet, wie viel Geld es bedarf, um die wichtigen Verbesserungsvorschläge von Experten im Bildungswesen umzusetzen. Zur Grafik

Roman Jaich: Reicht das Zehn-Prozent-Ziel des Dresdner Bildungsgipfels für eine nachhaltige Reform des Bildungssystems?, Oktober 2009

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