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HBS Böckler Impuls

Verteilung: Ungelernte abgehängt

Ausgabe 04/2008

Die Lohnunterschiede in Deutschland nehmen zu. Die unteren Berufsklassen verlieren.

Seit Mitte der 90er-Jahre entwickeln sich die Arbeitslöhne in Deutschland schwächer als in den übrigen westlichen Industrienationen. Gleichzeitig steigen die Unternehmensgewinne. Doch die Schere öffnet sich nicht nur zwischen Lohnempfängern und Beziehern von Kapitaleinkommen. Auch innerhalb des Lohn- und Gehaltsgefüges werden die Abstände größer. Zu diesem Ergebnis kommen die Sozialforscher Johannes Giesecke und Roland Verwiebe. Sie haben die Reallohnentwicklung von 1998 bis 2005 analysiert.

Die oberen und mittleren Einkommen sind in dieser Zeit  leicht gestiegen, die unteren zurückgegangen, so die Untersuchung. Das trifft für Frauen wie Männer in Ost- und Westdeutschland zu, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Für westdeutsche Männer gilt beispielsweise: 1998 übertraf der höchste Lohn im neunten Zehntel der Verteilung den höchsten Lohn im untersten Zehntel um 150 Prozent, 2005 schon um 171 Prozent. Bei den ostdeutschen Männern war der Anstieg noch deutlicher: von 158 auf 204 Prozent.

Die Studie gibt weiteren Aufschluss über die Lohnstrukturen in Deutschland und ihre Entwicklung:

=> Die absoluten Lohnunterschiede sind unter westdeutschen Männern am größten, bei Frauen im Osten am geringsten.
=> In den alten Ländern sind die Lohnabstände zwischen Frauen und Männern größer als in den neuen.
=> In Ostdeutschland entwickeln sich die Löhne von Frauen und Männern auseinander, weil die Reallöhne der Männer stärker steigen als die der Frauen.

Die Analyse der Wissenschaftler zeigt, welche Mechanismen hinter dem Auseinanderdriften des Lohnspektrums stehen: "Insbesondere das unterdurchschnittliche Lohnwachstum bei un- bzw. angelernten Arbeitern wie bei Facharbeitern führte zu einer relativen Schlechterstellung dieser Gruppen gegenüber anderen Berufsklassen." Zum Beispiel sei der Lohnabstand zwischen Arbeitern ohne Ausbildung und höheren Angestellten im untersuchten Zeitraum um rund 20 Prozentpunkte auf etwa 60 Prozent gewachsen.

Auch der Strukturwandel schlägt sich den Forschern zufolge in der Lohnverteilung nieder: Während vergleichsweise gut bezahlte Stellen in der Industrie verschwunden sind, kamen neue Jobs im Dienstleistungssektor hinzu - oft mit geringer Stundenzahl und niedrigeren Löhnen.  

  • Die Abstände zwischen oberen unter unteren Löhnen nehmen zu. Zur Grafik

Johannes Gieseke, Roland Verwiebe: Die Lohnentwicklung in Deutschland zwischen 1998 und 2005, in: WSI-Mitteilungen 2/2008

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