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HBS Böckler Impuls

Altersrente: Therapie mit Nebenwirkungen

Ausgabe 03/2006

Die Rente mit 67 soll nach dem Willen der Bundesregierung früher kommen als bislang geplant. Faktisch kürzt das die zu erwartenden Rentenzahlungen der zukünftigen Rentner. Von der Verlängerung der Regelarbeitszeit besonders betroffen: die gering Qualifizierten.

Schon jetzt hat sich der Trend umgekehrt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen bereits wieder später in Rente und entlasten so die Rentenkassen. Insgesamt ist das durchschnittliche Rentenzugangsalter für Neurentner, die im Alter zwischen 50 und 69 Jahren in den Ruhestand treten, von 1996 bis 2003 um 8,5 Monate angestiegen, so der Altersübergangs-Report des Gelsenkirchener Instituts Arbeit und Technik (IAT). Für alle gilt: Wer 24 Monate später in Rente geht, bekommt auch 24 Monate weniger Rente als bisher. "Letztlich sprechen wir über eine Senkung der Renten", sagt Bernd Raffelhüschen, Rentenökonom der Uni Freiburg. Er rechnet mit einer faktischen Kürzung der Altersrenten von durchschnittlich 7,2 Prozent.

Die meisten schaffen es noch nicht einmal, bis zum Eintritt in die Rente zu arbeiten. So standen in Deutschland im Jahr 2003 nur noch knapp 40 Prozent der 55- bis 64-Jährigen im Erwerbsleben. Andersherum: Eine versicherungspflichtige Beschäftigung unmittelbar vor dem Rentenbeginn bildet mittlerweile die Ausnahme.

Nur ein Fünftel der Neurentner wechselt direkt aus dem Job in den Ruhestand, zeigen die Zahlen der Deutschen Rentenversicherung für 2003. Im Westen bezogen gut 14 Prozent zuvor Arbeitslosengeld, im Osten sogar mehr als 44 Prozent. Denn Arbeitgeber fordern zwar immer wieder gerne ein höheres Rentenalter, die Betriebe folgen aber weiterhin der Devise: "Young is beautiful".

Noch dramatischer ist die Lage bei gering Qualifizierten, so das IAT. Die Erwerbsbeteiligung schlecht Ausgebildeter zwischen 50 und 60 lag 2003 mehr als 30 Prozent unter der gleichaltriger Meister, Techniker und Akademiker. Das hat bescheidene Rentenansprüche zur Folge. Schon jetzt sind viele der ehemaligen Kleinverdiener im Alter auf Sozialhilfe angewiesen, zeigt der Report des IAT. Ein höheres gesetzliches Zugangsalter würde die Situation der gering Qualifizierten weiter verschärfen. Rente ab 67 hieße für sie noch höhere Abschläge und eine verlängerte Überbrückungsphase vom Ende der Erwerbstätigkeit bis zum Renteneintritt.

Abfedern lässt sich diese Situation nur, wenn Unternehmen die Chancen für eine Erwerbstätigkeit Älterer verbessern, resümiert das IAT. Dazu gehöre auch, die Jüngeren nicht vorzeitig zu verheizen und die Älteren ihren Befähigungen entsprechend einzusetzen. Eine Heraufsetzung der Regelaltersgrenze könne sonst "letztlich nur auf eine Verschärfung der Abschlagsregelungen und damit auf eine nahezu allgemeine Rentenkürzung hinauslaufen".

  • Drei von vier ältere Beschäftigte möchten gerne vor 65 in Rente gehen. Tatsächlich nähert sich das faktische Rentenalter wieder im Durchschnitt der 65 an. Zur Grafik
  • Vier von fünf neuen Rentnern kommen nicht direkt aus einem Arbeitsverhältnis in den Ruhestand. Zur Grafik

Altersübergangs-Report Nr. 2004-12005-1 und 2005-5 des IAT, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung.

Prof. Dr. Franz Ruland: Aktuelle Ergebnisse zu den Wirkungen der bisherigen Rentenreformen auf den Übergang von der Erwerbs- in die Ruhestandsphase, Vortrag beim Presseseminar des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger, November 2004.

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