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HBS Böckler Impuls

Familienförderung: Schlüsselfaktor Berufstätigkeit

Ausgabe 02/2008

In Sachen Familienförderung hinkt Deutschland den meisten Industrienationen inzwischen hinterher, zeigt eine Studie der OECD. Ein Grund von vielen: die mangelnde Kinderbetreuung.

Obwohl Deutschland enorme Summen in die Unterstützung von Familien investiert, leben hierzulande mehr Kinder in Armut als in vielen anderen OECD-Ländern. So ein zentrales Ergebnis der Untersuchung "Babies and Bosses", bei der die Pariser Organisation die Daten ihrer 30 Mitgliedstaaten verglich. Einen wichtigen Grund für die verbreitete Kinderarmut in Deutschland sehen die Studienautoren darin, dass der Staat "nur in geringem Umfang die Rahmenbedingungen bietet, damit Eltern selbst einen Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage leisten können".

Wichtige Indikatoren zur Balance zwischen Beruf und Familie sind nach Einschätzung der OECD

=> die Geburtenrate, also die Zahl der Lebendgeborenen pro Jahr und 1.000 Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren,

=> die Beschäftigungsquote von Frauen,

=> die Beschäftigungsquote von Alleinerziehenden,

=> die Betreuungsquote von Kindern im Alter von bis zu drei Jahren,

=> die Armutsquote von Kindern,

=>  das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen, gemessen an den Stundenlöhnen.

Bei vier dieser Indikatoren liegt Deutschland weit unter dem OECD-Durchschnitt:

Die Geburtenrate liegt OECD-weit bei 1,63 Kindern. Deutsche Frauen gebaren statistisch nur 1,34 Babys. Schlechtere Werte finden sich nur in Osteuropa, Griechenland, Japan und Korea. Die meisten Kinder bekamen Mexikanerinnen, dicht gefolgt von Türkinnen sowie Isländerinnen und US-Amerikanerinnen. Doch auch alle westeuropäischen Staaten kamen auf eine höhere Geburtenrate.

Die Beschäftigungsquote von Alleinerziehenden rangiert in Deutschland mit 62 Prozent wiederum deutlich unter dem OECD-Schnitt von 71 Prozent. Noch weniger Alleinerziehende arbeiten in Irland, Australien, Neuseeland, Großbritannien und den Niederlanden. Spitzenreiter ist hier Luxemburg, danach folgen Spanien, die Schweiz und Japan.

Die Betreuungsquote von Kindern zwischen null und drei Jahren liegt besonders weit unter dem Durchschnitt: Hierzulande stehen nur für 9 Prozent der Kleinsten Betreuungsplätze zur Verfügung. Im OECD-Mittel sind es 23 Prozent. Niedriger ist die Quote in Polen, Tschechien, Mexiko, Italien, Ungarn, Griechenland und Österreich. In Dänemark hingegen gibt es Plätze für fast zwei Drittel der Kinder dieser Altersgruppe, dahinter rangieren Island und Norwegen.

Auch beim Lohngefälle zwischen Männern und Frauen rangiert Deutschland nach aktuellen EU-Zahlen mit gut 22 Prozent auf einem der hintersten Plätze. Der OECD-Schnitt liegt bei 16 Prozent. Japan und Korea weisen die größten Lohnabstände auf: Dort verdienen Frauen ein Drittel weniger als Männer. Fast alle Westeuropäerinnen stehen jedoch besser da als die deutschen Arbeitnehmerinnen.

Die Berufstätigkeit von Frauen sei ein Schlüsselindikator für Armut, so die OECD. Dies gelte insbesondere für alleinerziehende Mütter. Deutschland könne "durch mehr Betreuungsplätze die Arbeitsaufnahme von Frauen erleichtern", kommentiert Willem Adema, OECD-Experte für Familienpolitik, die Studie. Dies helfe der wirtschaftlichen und sozialen Situation von Familien. Kinder, die nur mit einem Elternteil leben, sind besonders häufig von Armut betroffen. 12 Prozent aller Kinder gelten OECD-weit als arm: Sie leben in einem Haushalt mit weniger als der Hälfte des gewichteten Durchschnittseinkommens. In Haushalten Alleinerziehender sind diese Anteile jedoch viel höher - 20 Prozent in denen, die Arbeit haben, 56,2 Prozent in denen, die arbeitslos sind. In keinem anderen Haushaltstyp ist der Anteil der Kinderarmut höher. Das gilt auch hierzulande: 55,6 Prozent der Kinder von arbeitslosen Alleinerziehenden leben in Armut.

  • Bei nach Einschätzung der OECD wichtigen Indikatoren zur Balance zwiwchen Beruf und Familie liegt Deutschland weit unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Zur Grafik

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): Babies and Bosses. Reconciling work and family life, Paris, November 2007

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