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HBS Böckler Impuls

Währungsunion: Schatzamt würde Euro sichern

Ausgabe 19/2013

Eine Finanzarchitektur der Eurozone nach deutschem Vorbild kann die Krise nicht beenden. Bessere Chancen auf Erfolg hätte ein Euro-Schatzamt, das die Zentralbank fiskalpolitisch unterstützt und die Währungsunion vervollständigt.

Die Weltwirtschaft hat den Schock der globalen Finanzkrise weitgehend verarbeitet, nur der Euroraum steckt weiterhin in einer existentiellen Krise. Der Wirtschaftsprofessor Jörg Bibow vom Skidmore College im US-Bundesstaat New York macht dafür vor allem die fehlerhafte Konstruktion des Maastricht-Vertrages verantwortlich. Bei der Schaffung der Währungsunion sei die globale Norm „ein Staat, eine Währung“ außer Kraft gesetzt worden: Geld- und Fiskalpolitik wurden voneinander entkoppelt und können sich jetzt in der Krise nicht gegenseitig unterstützen. Sein Gegenvorschlag: Ein Euro-Schatzamt soll ein Stück Fiskalunion schaffen, indem es die künftigen öffentlichen Investitionen des Euroraums und die dafür nötige Schuldenaufnahme vergemeinschaftet, ohne eine Transferunion zu schaffen.

Deutschland kein Modell für Europa: Nach der Analyse des Ökonomen verhindert derzeit vor allem Deutschland eine Lösung der Krise. Berlin weigere sich, eine fundamentale Tatsache anzuerkennen: Das deutsche Modell, auf einen ausgeglichenen Haushalt hinzusparen, konnte nur deshalb letztlich funktionieren, weil die Politik anderer Länder deutsche Außenhandelsüberschüsse ermöglichte. Makroökonomisch sei klar: In einem geschlossenen Wirtschaftskreislauf kann nicht mehr verdient werden, als ausgegeben wird. Der Staat kann demnach nur dann ein ausgeglichenes Budget haben, wenn auch der Finanzierungssaldo der Privatwirtschaft auf Null hinausläuft. Auch in einem offenen Wirtschaftskreislauf sei das nur unter einer Bedingung möglich: durch Außenhandelsüberschüsse. Ein einzelnes Land kann so zwar seinen Haushalt ausgleichen – aber nur, indem die Schulden anderer Länder entsprechend stärker steigen. Das deutsche Modell sei der Hintergrund für die noch ungelöste Eurokrise. Das Modell nunmehr auf Europa zu übertragen wäre verheerend, so Bibow: Es drohe dann ruinöse Unterbietungskonkurrenz und schließlich Deflation. Denn es sei unwahrscheinlich, dass der Rest der Welt auf Dauer hohe Außenhandelsüberschüsse Europas tolerieren werde.

Zentralbank braucht einen fiskalpolitischen Partner: Üblicherweise, so Bibows Analyse, stützen sich Zentralbank und Finanzministerium souveräner Staaten gegenseitig. Die Bank könne das Finanzsystem und den Markt für Staatsschulden unbegrenzt mit Liquidität absichern. Im Gegenzug stehe der Staat mit seiner Steuerkraft als Bürge hinter der Zen­tralbank. Weil zudem Geschäftsbanken gewöhnlich Staatsschulden halten, seien Staat und Banken eng miteinander verknüpft: Ein Schock kann das ganze System ins Wanken bringen. Ein Zusammenbruch sei am effektivsten zu verhindern, wenn Zentralbank und Staat gemeinsam als Retter in der Not einspringen können. Diesen Mechanismus hätten die Architekten der Eurozone allerdings nicht berücksichtigt – der entscheidende Unterschied etwa zur amerikanischen Währungsunion.

Ein Euro-Schatzamt für öffentliche Investitionen: Um die Konstruktion des Euroraums zu vervollständigen, schlägt Bibow die Gründung eines Euro-Schatzamtes vor. Es soll die öffentlichen Investitionen der Eurozone zusammenfassen und über Anleihen finanzieren. Dabei würden die Mitgliedsstaaten eine Investitionsquote sowie die jährliche Wachstumsrate der Investitionssumme festlegen. Das Schatzamt würde den einzelnen Mitgliedern dann nach einer festen Regel Investitionen zubilligen – und zwar entsprechend ihrem Anteil am Bruttoinlandsprodukt. Nach dem gleichen Muster würde es bei den Mitgliedsländern anteilig Steuern eintreiben, um die Zinsen auf die gemeinsamen Schulden zu finanzieren. Mit diesem Design werde eine Transferunion kategorisch ausgeschlossen. Transfers zwischen den Mitgliedsstaaten würden weiter nur über das EU-Budget laufen.

Die neuen Euro-Anleihen würden zudem den Finanzmarkt mit sicheren Anlagen versorgen, die das System benötigt, um zu funktionieren. Das Euro-Schatzamt stelle nicht nur sicher, dass die wachstumsfördernden öffentlichen Investitionen auch getätigt werden. Den Mitgliedsländern werde dadurch erst ermöglicht, ihre nationalen öffentlichen Schulden auf ein niedriges, sicheres Niveau zurückzuführen. Niedrige Zinsen auf die gemeinsamen Schulden brächten sowohl haushaltspolitischen Spielraum als auch die Basis für einheitliche Finanzierungsbedingungen im gemeinsamen Markt mit gemeinsamer Währung. Das Schatzamt könne dabei sicherstellen, dass sich alle Euro-Länder an die vereinbarten Regeln halten: Wer dagegen verstößt, dem kann das Schatzamt das Geld für Investitionen vorenthalten. Die nationalen Regierungen seien, so Bibow, schließlich durch Medien und Märkte unter Druck, das Geld auch ins Land zu holen.

  • Deutschland spart seit Jahren auf einen ausgeglichenen Haushalt hin. Entsprechend wenig investiert der Staat. Zur Grafik

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