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HBS Böckler Impuls

Geldpolitik: Mehr als Inflationsbekämpfung

Ausgabe 04/2010

Die Weltfinanzkrise hat gezeigt: Notenbanken können mehr für die Stabilität der Wirtschaft tun, als nur gegen Inflation zu kämpfen.

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Volkswirtschaften Europas in der Weltwirtschaftskrise stabilisierten. Und damit hat die EZB einiges mehr getan, als ursprünglich  vorgesehen war. Der Wissenschaftliche Direktor des IMK, Gustav Horn, nennt die wichtigsten Resultate ihrer Zinspolitik:

  • Dank niedriger Zinsen konnten sich nicht nur Unternehmen günstig Geld besorgen. Weitaus wichtiger: Auch Regierungen war es so leichter möglich, ihre Konjunkturprogramme zu finanzieren.
  • Aufgrund der niedrigen Zinsen erhöhten sich die Gewinnspannen der Banken bei der Kreditvergabe. Dadurch reduzierte sich für die Banken das Risiko einer Pleite.
  • Unternehmen konnten ihre Anleihen ebenfalls zu niedrigeren Kosten herausgeben, was Investitionen oder die Refinanzierung von Schulden günstiger machte.

Dabei gehört die Stabilisierung der Wirtschaft nach den Regeln des Maastricht-Vertrages gar nicht zu den Aufgaben der EZB. Das ist so gewollt: Der Auftrag der europäischen Notenbank fußt auf der neoklassischen Annahme, dass Märkte stabil und effizient arbeiten, die Wirtschaftspolitik also kaum in die Märkte eingreifen muss. Demnach reiche es, Inflation zu verhindern, denn in der Welt der Neoklassik kommen schwere Wirtschaftskrisen gar nicht vor.

"Tatsache ist: Die Krise ist aufgetreten. Und damit hat sich die Grundannahme für die Geldpolitik der EZB als falsch herausgestellt", fasst Horn die Lehren aus der Krisenbewältigung zusammen. In Zukunft sollte die Notenbank ihre Rolle daher nicht ausschließlich darin sehen, die Preise stabil zu halten. Die Erfahrungen der Wirtschaftskrise zeigen, dass eine Stabilisierung der gesamten Wirtschaft vonnöten ist - also sowohl der Produktion als auch der Preise.

Darüber hinaus empfiehlt sich ebenfalls eine Koordination von Geld- und Fiskalpolitik, so der Wirtschaftsprofessor. Denn wenn diese in die gleiche Richtung wirken, können sie sich gegenseitig verstärken: Hält die Zentralbank bei schwacher Konjunktur die Zinsen niedrig, kann die Finanzpolitik gleich­zeitig die Wirtschaft stützen, ohne für ihre kreditfinanzierten Konjunkturprogramme hohe Zinsen zahlen zu müssen.

  • Wegen des massiven wirtschaftlichen Einbruchs in der Eurozone im Zuge der Weltwirtschaftskrise senkte die Europäische Zentralbank mehrfach die Leitzinsen. Der Bundesregierung war es so leichter möglich, ihre Konjunkturprogramme zu finanzieren. Zur Grafik

Gustav A. Horn: What role for monetary policy?, in: Andreas Botsch, Andrew Watt (Hrsg.): After the crisis: towards a sustainable growth model, ETUI Conference reader, 13. Januar 2010

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