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HBS Böckler Impuls

Löhne: Geteiltes Land

Ausgabe 15/2011

In Ostdeutschland müssen Beschäftigte häufiger für einen niedrigen Stundenlohn arbeiten als im Westen. Doch auch in Westdeutschland könnten Millionen Arbeitnehmer von der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns profitieren.

Im Jahr 2009 erhielten insgesamt fünf Millionen Arbeitnehmer einen Bruttostundenlohn von maximal 8,50 Euro, so eine Studie der Prognos AG für die Friedrich-Ebert-Stiftung. Davon lebten gut 3,6 Millionen in West- und knapp 1,4 Millionen in Ostdeutschland. Unterhalb der Schwelle von 8,50 Euro befanden sich im Osten jedoch 26 Prozent der Beschäftigten – doppelt so viele wie im Westen. Stundenlöhne von mehr als zwölf Euro hingegen erhielten in Westdeutschland 67 Prozent, im Osten nur 47 Prozent der Arbeitnehmer.

Im Länderranking sind die ostdeutschen Bundesländer unter sich: Mit 34 Prozent ist der Anteil der Geringverdiener in Thüringen am höchsten, gefolgt von Sachsen (29 Prozent), Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern (je 25 Prozent) und Brandenburg (24 Prozent). Die niedrigsten Quoten weisen die westdeutschen Stadtstaaten Hamburg mit 6 und Bremen mit 8 Prozent auf.

Absolut überspringt einzig das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen die Millionengrenze. In Bayern müssen mehr als 760.000 Beschäftigte für einen geringen Lohn arbeiten, in Baden-Württemberg sind es an die 480.000. Die wenigsten Niedriglohnbezieher haben wiederum Bremen mit gut 17.000 und Hamburg mit knapp 35.000.

Bundesweit könnte eine allgemeine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde Staatshaushalt und Sozialkassen um gut sieben Milliarden Euro entlasten, haben die Prognos-Experten berechnet. Die Erwerbseinkommen würden insgesamt um 14,5 Milliarden Euro steigen. Die bisherigen Geringverdiener würden voraussichtlich einen relativ großen Anteil dieses Geldes wieder ausgeben. Ihre Nachfrage dürfte die Güterproduktion auch im Inland stimulieren und neue Arbeitsplätze entstehen lassen. Die Expertise erwartet daher bis zu 78.000 neue Stellen als Folge des Mindestlohns. Allerdings verursacht die stärkere Binnennachfrage auch eine kleine Preissteigerung, so die Forscher. Statt nominal 14,5 Milliarden Euro bliebe den Beschäftigten real ein um 11,4 Milliarden Euro erhöhtes verfügbares Einkommen.

  • Mit 34 Prozent ist der Anteil der Geringverdiener in Thüringen am höchsten, gefolgt von Sachsen (29 Prozent). Die niedrigsten Quoten weisen Hamburg mit 6 und Bremen mit 8 Prozent auf. Zur Grafik

Oliver Ehrentraut, Markus Matuschke, Sabrina Schmutz, Reinhard Schüssler: Fiskalische Effekte eines gesetzlichen Mindestlohns (pdf), Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, WISO-Diskurs, Mai 2011

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