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HBS Böckler Impuls

Arbeitszeit: Flexibel in der Firma, unter Druck in der Freizeit

Ausgabe 03/2005

Flexible Arbeitszeiten werden zur Regel - aber statt der erhofften besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bringen sie vielen Beschäftigten mehr Zeitdruck. Vor allem mangelnde Planbarkeit der täglichen Arbeitszeit macht ihnen zu schaffen. Das Kölner Institut zur Erforschung sozialer Chancen (ISO) hat dazu über 4.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt.

Die Hälfte der Beschäftigten hat bei der täglichen Arbeitszeit mittlerweile keine festen Anfangs- und Endzeiten mehr. Bei  18 Prozent steuert der Betrieb die variable Arbeitszeit, 32 Prozent können sich die tägliche Arbeitszeit, beispielsweise durch Gleit- oder Kernarbeitszeitvereinbarungen, in gewissen Grenzen frei einteilen.

Interessantes ISO-Ergebnis: Auch bei denen, die einen Gestaltungsspielraum haben, sind für Dauer und Lage der täglichen Arbeitszeit fast immer betriebliche Erfordernisse ausschlaggebend. Sie nutzen ihren Spielraum, so das ISO, "hauptsächlich dazu, ihre Arbeitzeit an den Arbeitsanfall anzupassen." Befragt nach Ursachen für die Schwankungen ihrer Arbeitszeit in den zurückliegenden vier Wochen, nannten 89 Prozent betriebliche Gründe, nur 11 Prozent private.

Mehr als die Hälfte der Beschäftigten mit einer variablen,  selbstgesteuerten Arbeitszeitverteilung hatte in den letzten vier Wochen darüber hinaus auch länger gearbeitet als vertraglich vereinbart. Das nannten sie als Gründe:

  • "Die Arbeit wäre ansonsten nicht zu bewältigen gewesen." (82 Prozent).
  • "Es tauchten Probleme auf, die dringend gelöst werden mussten." (62 Prozent)
  • "Ich wäre sonst mit dem Arbeitsergebnis nicht zufrieden gewesen." (36 Prozent)

Die zusätzlich gearbeiteten Stunden wurden den meisten von ihnen auf einem Zeitkonto gutgeschrieben (59 Prozent), die anderen regelten dies per informeller Absprachen, so das ISO.

Arbeitszeit schlecht planbar

25 Prozent der Beschäftigten erklärten ISO, dass ihre wöchentlichen Arbeitszeiten im Jahresverlauf betriebsbedingt - fast immer unregelmäßig und darum nicht planbar - schwanken.
Bei 36 Prozent variierten die täglichen Arbeitszeiten im beobachteten Vier-Wochen-Zeitraum aus betrieblichen Gründen, bei den meisten von ihnen (76 Prozent) unregelmäßig. Damit wird die Arbeitzeiteinteilung nur schwer planbar, merkt die Studie an.

Konsequenz Zeitdruck

Die Anforderungen an eine flexible, dem betrieblichen Arbeitsanfall angepasste Arbeitszeitverteilung setzen viele Beschäftigte unter Druck. Bei jedem fünften geht das ISO von "akuten Vereinbarungsproblemen" zwischen Beruf und Freizeit beziehungsweise außerberuflichen Verpflichtungen aus. Insbesondere Mütter mit Fulltimejob schlingern am Feierabend in Zeitstress (33 Prozent). Nicht verwunderlich: je länger die tatsächliche Arbeitszeit pro Woche, desto verbreiteter die Zeitnot danach. Die Hälfte aller Beschäftigten, die über 45 Stunden pro Woche arbeiten, geraten außerhalb ihres Jobs regelmäßig unter Zeitdruck. Am häufigsten wird hier die Unvorhersehbarkeit der Arbeitszeit als Grund für den Zeitdruck genannt (43 Prozent), dann die "zu langen Arbeitszeiten" und schließlich die eher ungünstige Lage der Arbeitszeit. 
Wie wichtig es für Arbeitnehmer ist, die Arbeitszeit vorhersehen und einplanen zu können, zeigt sich an diesem ISO-Befund:

Selbst Beschäftigte mit Arbeitszeiten von über 45 Stunden in der Woche finden die schlechte Planbarkeit ihrer Arbeitszeit problematischer als die Länge.

Durch die Unvorhersehbarkeit des Arbeitsanfalls sahen sich 64 Prozent der Beschäftigten dieser Gruppe unter außerberuflichen Zeitdruck gesetzt. Die Dauer wurde von 44 Prozent als Problem angesehen (Mehrfachnennungen möglich).

  • Flexible Arbeitszeiten werden zur Regel – aber statt der erhofften besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bringen sie vielen Beschäftigten mehr Zeitdruck.Vor allen mangelnde Planbarkeit der täglichen Arbeitszeit macht ihnen zu schaffen. Das Kölner Institut zur Erforschung sozialer Chancen hat dazu über 4.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt. Zur Grafik

Frank Bauer, Eva Munz: Arbeitszeiten in Deutschland: 40plus und hochflexibel, in: WSI Mitteilungen 1/2005

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