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HBS Böckler Impuls

Eurokrise: EU braucht Regeln für Balance

Ausgabe 08/2010

Die EU hat mit ihren Kreditzusagen den besonders stark verschuldeten Euro-Mitgliedstaaten Luft verschafft. Für eine dauerhafte Stabilität müssen jedoch die Leistungsbilanzen der Euro-Länder in die Balance kommen.

Zur Rettung des Euro richtet die EU-Kommission ihr Hauptaugenmerk weiter auf die Verschuldung der einzelnen Euroländer. Sie hat aber auch eine stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik angemahnt. Länder mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen wie Deutschland sollten ihre Inlandsnachfrage ankurbeln, so EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Der Ansatz ist richtig, zeigen die Forscher des IMK. Sie schlagen eine institutionelle Lösung vor: Eine EU-Instanz sollte die Entwicklung der Leistungsbilanzen beobachten. Bei Fehlentwicklungen müssten sowohl Defizit- als auch Überschussländer ihre Fiskalpolitik korrigieren, also die  Binnennachfrage stimulieren oder bremsen. Auch sollte die Instanz bei größeren Problemen der Defizitländer Soforthilfen beschließen können, verbunden mit wirkungsvollen Auflagen. Länder mit Überschüssen müssten sich stärker an der Soforthilfe beteiligen. Damit würden sowohl die Defizit- als auch die Überschussländer in die Pflicht genommen.

Ein erweiterter Stabilitätspakt: Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt nimmt bislang ausschließlich die Staatsschulden in den Blick - eine Fehlkonstruktion. Denn hinter den Leistungsbilanzdefiziten stehen auch private Schulden, und es ist die Kombination aus privater und öffentlicher Verschuldung, die Länder wie Griechenland, Portugal und Spanien zu einer leichten Beute für die Finanzmärkte macht, so das IMK. Eine Rettungsaktion, die ausschließlich bei den staatlichen Schulden ansetzt, werde darum das Problem nicht lösen können.

Was die Exportländer tun können: Wenn Länder mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen wie Deutschland oder die Niederlande schon in nächster Zeit ihre Haushaltskonsolidierung forcieren, werden die Ungleichgewichte groß bleiben, denn die Nachfrage nach Importen bleibt gering. Eine lang anhaltende Stagnation in Euroland wäre die Folge, inklusive hoher Arbeitslosigkeit. Durch Stärkung ihrer Binnennachfrage könnten die Überschussländer einen Aufschwung anstoßen, der ihnen selbst die Konsolidierung erleichtert und den Defizitländern hilft. Diese könnten ihre Staatsfinanzen in Ordnung bringen und ihre Leistungsbilanzdefizite reduzieren. Gegenwärtig kann nur die Fiskalpolitik die Initialzündung für eine kräftigere Nachfrage im Inland liefern, so die Forscher. Mittelfristig sollten die Euro-Staaten zudem ihre Lohnpolitik an der nationalen Produktivitätsentwicklung und dem Inflationsziel der EZB ausrichten.  

  • Bislang nimmt der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt ausschließlich die Staatsschulden in den Blick. Dabei sind die starke Neuverschuldung der Privaten in Spanien und die großen Kapitalabflüsse Deutschlands ans Ausland ebenso wichtig. Zur Grafik

Michael Brecht, Silke Tober, Till van Treeck, Achim Truger: Squaring the circle in Euroland? (pdf), IMK Working Paper 3/2010.

Gustav Horn, Silke Tober, Till van Treeck, Achim Truger: Euroraum vor der Zerreißprobe? (pdf), IMK Report 48 April 2010.

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