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HBS Böckler Impuls

Steuern: Einfacher heißt nicht immer gerechter

Ausgabe 10/2005

Die meisten Pläne der aktuell geforderten Steuervereinfachungen würden vor allem den Spitzenverdienern nutzen. Wer heute steuerfreie  Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge bekommt, könnte sogar deutlich weniger Geld zur Verfügung haben.

Speziell die Steuervorteile für Zuschläge stehen zur Disposition. Nach einem gemeinsamen Konzept der Unionsparteien sollen sie innerhalb von sechs Jahren komplett abgebaut werden. Das könnte dem Fiskus Mehreinnahmen in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro bringen - auf diesen Betrag beliefen sich die Steuermindereinnahmen im Jahr 2004. Auch soll die Entfernungspauschale für Pendler sinken. Im Gegenzug läge die Einkommensteuer zwischen einem Eingangssatz von 12 und einem Höchstsatz von 36 Prozent.

Allerdings wird die Einkommensteuer dadurch nicht gerechter: "Das Unionskonzept entlastet die Bezieher hoher Einkommen überproportional stark", sagt Achim Truger, Steuerexperte des IMK in der Hans-Böckler-Stiftung. Für manche Arbeitnehmerhaushalte könnte die Reform netto sogar zu einem Minusgeschäft werden: Bei einem Wegfall der bisherigen Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit reicht die Absenkung der tariflichen Steuersätze in vielen Fällen nicht aus, um die Mehrbelastung auszugleichen. Das zeigen Steuerbelastungsvergleiche des IMK. Vor allem bei unteren und mittleren Einkommen - zum Beispiel dem Krankenpfleger oder der Facharbeiterin - ergäbe sich eine erhebliche Nettobelastung.

Damit nicht genug: Unterm Strich würde der Fiskus mehr als zehn Milliarden Euro weniger einnehmen - und das bei einer bereits angespannten Haushaltslage. Die so genannten Nettoentlastungen müssten also irgendwie gegenfinanziert werden. Würde - wie gegenwärtig diskutiert - dafür die Mehrwertsteuer erhöht, wären davon wiederum die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen besonders stark betroffen. Und weitere Ausgabenkürzungen wären bei dem ohnehin schon schlechten Niveau öffentlicher Leistungen und in der derzeitigen labilen Konjunkturlage deutlich kontraproduktiv.

  • Die meisten Pläne der aktuell geforderten Steuervereinfachungen würden vor allem den Spitzenverdienern nutzen. Wer heute steuerfreie Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge bekommt, könnte sogar deutlich weniger Geld zur Verfügung haben. Zur Grafik

Achim Truger: Die Solidarische Einfachsteuer im Vergleich konkurrierender Steuerreformkonzepte; in: WSI-Mitteilungen 12/2004

Radikale "Einfachsteuern" würden viele Arbeitnehmer benachteiligen. Modellrechnungen 2004

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