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HBS Böckler Impuls

Arbeitsbedingungen: Besser arbeiten beim Staat

Ausgabe 15/2011

Der öffentliche Dienst hat sich massiv verändert. Er fungiert heute nicht mehr als Modellarbeitgeber, bietet in vieler Hinsicht aber immer noch bessere Arbeitsbedingungen als die private Wirtschaft.

Outsourcing und Privatisierung von Aufgaben, Personalabbau, Effizienzsteigerung, Öffnung für den Wettbewerb – weite Teile des öffentlichen Dienstes erlebten in den vergangenen 20 Jahren tief greifende Restrukturierungen. Peter Ellguth und Susanne Kohaut vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben untersucht, wie sich dies auf die Arbeitsbedingungen ausgewirkt hat. Ihr Ergebnis: Zwar sei der öffentliche Dienst heute nicht mehr Modellarbeitgeber mit Vorbildfunktion für die übrige Wirtschaft. Nach wie vor sind die Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer aber in vieler Hinsicht besser als in der Privatwirtschaft.

Eine recht verbreitete Vermutung bestätigte sich empirisch nicht: Die IAB-Forscher fanden keine Hinweise darauf, dass befristete Neueinstellungen beim Staat deutlich häufiger vorkommen. Für einen Verdienstrückstand der Staatsbediensteten – nach dem Motto weniger Geld für höhere Arbeitsplatzsicherheit – fanden die Wissenschaftler zwar empirische Belege. Die beim Vergleich möglichst ähnlicher Betriebe ermittelte Lohndifferenz von 10 Prozent sei aber statistisch nicht hinreichend abgesichert.

Als Datenbasis dient das IAB-Betriebspanel, eine jährliche Befragung von 16.000 Betrieben. Um aussagekräftigere Vergleiche anstellen zu können, haben die Forscher tarifgebundene Betriebe mit Betriebs- oder Personalrat aus öffentlichem und privatem Sektor gegenüber gestellt und die Ergebnisse mit multivariaten Verfahren überprüft. Außen vor geblieben sind Betriebe, in denen ausschließlich Beamte arbeiten. Entlang verschiedener Kriterien haben Ellguth und Kohaut die Arbeitsbedingungen in Staatsdienst und Privatwirtschaft verglichen.

Arbeitsplatzsicherheit: Im öffentlichen Dienst ist die Personalfluktuation deutlich geringer als in vergleichbaren Betrieben der Privatwirtschaft: Im ersten Halbjahr 2008 wechselten knapp vier Prozent der Belegschaft, in den privaten Betrieben jedoch gut acht Prozent. Arbeitgeberseitige Kündigungen kamen in der Privatwirtschaft mit 1,2 Prozent sechsmal so häufig vor wie bei den Staatsdienern.

Weiterbildung: Hier hat der öffentliche Dienst im Vergleich zu ähnlichen privaten Betrieben leicht die Nase vorn. In 88 Prozent der öffentlichen Betriebe gibt es Weiterbildungsprogramme, in der Vergleichsgruppe liegt der Wert bei 85 Prozent. Im öffentlichen Dienst wird ein Drittel der Beschäftigten einbezogen, in der Privatwirtschaft sind es 29 Prozent.

Atypische Beschäftigung: Der Anteil befristeter Verträge an allen Neueinstellungen ist generell hoch. Der Unterschied zwischen beiden Bereichen ist dagegen gering: im öffentlichen Dienst liegt die Quote bei 58 Prozent, in der Privatwirtschaft sind es 54 Prozent. Teilzeitarbeit ist mit 26 Prozent aller Stellen im Staatsdienst doppelt so häufig wie in den privaten Betrieben. Allerdings handelt es sich hierbei fast ausschließlich um sozialversicherungspflichtige Stellen. Geringfügige Beschäftigung spielt im öffentlichen Dienst nur eine sehr geringe Rolle, Leiharbeit überhaupt keine.

Gleichstellung: Im Staatsdienst ist etwas über die Hälfte der Beschäftigten weiblich, in mitbestimmten und tarifgebundenen Betrieben der privaten Wirtschaft ist es weniger als ein Drittel. Beim Frauenanteil an den Führungspersonen scheint der öffentliche Dienst mit 25 Prozent deutlich vor den privaten Betrieben mit 13 Prozent zu liegen. Berücksichtigt man die unterschiedlichen Frauenanteile an der Gesamtbeschäftigung, bleibt von dem Vorsprung allerdings fast nichts mehr übrig.

Ältere Beschäftigte: Über 50-Jährige sind bei öffentlichen Arbeitgebern deutlich häufiger anzutreffen als bei privaten. Nur in 3 Prozent der Betriebe arbeiten keine Älteren. In privaten Betrieben sind es 7 Prozent. Die Zahlen beziehen sich wiederum auf mitbestimmte Betriebe mit Tarifvertrag. Auch spezielle Angebote für Ältere wie Weiterbildungsmöglichkeiten sind im öffentlichen Dienst häufiger.

  • Mehr als jeder zweite Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist weiblich. Zur Grafik
  • Atypische Beschäftigung ist auch im öffentlichen Dienst häufig – allerdings entfällt ein Großteil davon auf die sozial am wenigsten problematische Form: sozialversicherungspflichtige Teilzeit. Zur Grafik

Peter Ellguth, Susanne Kohaut: Der Staat als Arbeitgeber: Wie unterscheiden sich die Arbeitsbedingungen zwischen öffentlichem Sektor und Privatwirtschaft, in: Industrielle Beziehungen 1-2/2011

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