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HBS Böckler Impuls

Standort Deutschland: Auslandsinvestionen stärken den deutschen Arbeitsmarkt

Ausgabe 05/2005

Investitionen im Ausland schaffen Jobs in Deutschland, besagt eine Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) - und räumt mit der gängigen Vorstellung auf, dass hohe Löhne die Unternehmen zur Produktionsverlagerung treiben.

Unternehmer, die nach ihren Motiven für Auslandsinvestitionen gefragt werden, nennen als wichtigsten Grund regelmäßig niedrigere Lohnkosten am neuen Standort. Statistisch lässt sich ein Zusammenhang von niedrigen Löhnen und hohen Investitionen aber nicht belegen: Der weitaus größte Teil der deutschen Direktinvestitionen liegt nicht in Niedriglohnländern, sondern in den westlichen Industriestaaten. Selbst wenn die neuen EU-Staaten und China deutlich mehr Investitionen als bisher anziehen dürften, werde sich das Gesamtbild dadurch nicht umkehren - zu groß ist der Rückstand, meint  die IfW-Studie.  

Vorsicht vor Kurzschlüssen

Gäbe es einen einfachen Zusammenhang zwischen Lohnkosten und Produktionsverlagerungen, müssten vor allem bei Unternehmen mit hohen Auslandsinvestitionen viele Jobs im Inland verloren gegangen sein. Die Studie zeigt jedoch: Gerade die Industriebranchen, die stark im Ausland vertreten sind, haben in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen.

Beispiel: Die deutsche Autoindustrie. 2002 hatte sie rund 45 Prozent ihres gesamten Anlagevermögens im Ausland investiert. Dennoch beschäftigte die Branche fast 20 Prozent mehr Arbeitnehmer in Deutschland als 1996. In der Kunststoffindustrie arbeiteten gut sieben Prozent mehr - bei einem Anteil der Auslandsinvestitionen von über 10 Prozent.

Auf der anderen Seite sank die Beschäftigung in der Holzindustrie um 20 Prozent, obwohl der Anteil der Auslandsinvestitionen keine 5 Prozent des Anlagenbestands der Branche erreichte.

Jobchancen für Qualifizierte

Der ganz überwiegende Teil der Unternehmen versucht mit Auslandsinvestitionen Größenvorteile (so genannte unternehmensspezifische Skalenerträge) zu nutzen - indem sie zentrale Dienstleistungen wie beispielsweise die Forschung und Entwicklung oder das Marketing möglichst effizient organisieren, argumentiert das IfW. Im Inland entstehen dadurch zumeist höher qualifizierte Dienstleistungsarbeitsplätze, während die Produktion tendenziell ins Ausland abwandert. Unter dem Strich aber werden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen: "In der Automobilindustrie gilt dafür die Faustformel, dass bei der Schaffung von drei neuen Arbeitsplätzen im Ausland ein neuer Arbeitsplatz im Inland entsteht", erläutert das Forschungsinstitut.

Verdrängt statt verlagert

Natürlich gibt es Branchen, die Arbeitsplätze im Ausland aufbauen und in Deutschland parallel dazu Arbeitsplätze streichen, wie etwa die Textilindustrie. Aber: In aller Regel gehen Arbeitsplätze in Deutschland nicht wegen Direktinvestitionen im Ausland verloren, sondern wegen der Verdrängung deutscher Anbieter durch ausländische Konkurrenten. Das zeigt das Beispiel der deutschen Werften: Sie haben auf die zunehmende asiatische Konkurrenz nicht etwa mit Produktionsverlagerungen nach Korea reagiert - sondern die koreanischen Werften haben expandiert, und die deutschen sind geschrumpft.

Fazit der IfW-Studie: "Die vorherrschende Betonung der Kosteneinsparung durch Produktionsverlagerungen in Niedriglohnländer greift entschieden zu kurz."

  • Investitionen im Ausland schaffen Jobs in Deutschland, besagt eine Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) - und räumt mit der gängigen Vorstellung auf, dass hohe Löhne die Unternehmen zur Produktionsverlagerung treiben. Zur Grafik

Henning Klodt, Mehr Arbeitsplätze durch Auslandsinvestitionen, in: Die Weltwirtschaft, 4/2004

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