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HBS Böckler Impuls

Konjunktur: Achillesferse Privatkonsum

Ausgabe 20/2007

Der Aufschwung ist da. Doch Deutschlands Konsumenten geben kaum mehr Geld aus als in wirtschaftlich schlechteren Zeiten. Das ist nicht verwunderlich, zeigt eine Analyse des IMK: Die privaten Haushalte haben in diesem Boom kein zusätzliches Geld.

Markantes Merkmal des derzeitigen Aufschwungs ist eine ausgeprägte Konsumschwäche - trotz kräftigen wirtschaftlichen Wachstums. Dieses hat sich fast genau so entwickelt wie im Aufschwung zuvor: Das inflationsbereinigte Bruttoinlandsprodukt stieg jeweils um rund sieben Prozent in knapp drei Jahren. Doch die meisten Bestimmungsgrößen für den privaten Konsum entwickelten sich viel schwächer, ergab die Untersuchung der IMK-Forscher. Sie verglichen die Daten des jetzigen mit denen des vergangenen Booms:

Das preisbereinigte verfügbare Einkommen der privaten Haushalte - also nach Abzug sämtlicher Steuern und Abgaben - ist in den vergangenen knapp drei Jahren sogar gesunken. Im vorherigen Boom, um die Jahrtausendwende herum, stieg es kräftig an.

Die Löhne und Gehälter - genauer: die nominalen Bruttolöhne je Stunde - sind in diesem Aufschwung kaum gestiegen.

Die Transferleistungen des Staats - also die nominalen Transfereinkommen der privaten Haushalte - haben sich dieses Mal sogar verringert. Ursache waren Nullrunden bei den Renten und Sparanstrengungen in der Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Im vergangenen Aufschwung wuchsen solche Leistungen noch.

Die Gewinneinkommen sind als einzige Einkommenskomponente stärker angestiegen als im letzten Aufschwung. Sie haben im aktuellen Boom um 15 Prozent zugelegt, ein Prozentpunkt mehr als um die Jahrtausendwende. Den Konsum hat das aber nicht beflügelt, denn wer Gewinneinkommen bezieht, hat eine deutlich höhere Sparquote. Auch ist ein Teil der Gewinne bei den Unternehmen verblieben.

Die Sparquote der privaten Haushalte spielt hier ebenfalls eine Rolle: War sie im vorherigen Aufschwung noch rückläufig, ist sie in diesem sogar leicht angestiegen.

Die Teuerungsrate hat im aktuellen Boom zugenommen, die Importpreise sind stetig gestiegen - im letzten Aufschwung waren sie dagegen anfangs gefallen. Und die Erhöhung der Mehrwert- und der Versicherungsteuer zum 1. Januar 2007 hat die Konsumentenpreise zusätzlich nach oben getrieben.

Mit Hilfe des makroökonomischen Modells des IMK lässt sich beziffern, wie sich die verschiedenen Bestimmungsgrößen - von Löhnen bis Sparquote - ausgewirkt haben. "Es zeigt sich, dass durch diese Einflussfaktoren die derzeitige Konsumschwäche vollständig erklärt werden kann", stellen die Forscher fest. Im aktuellen Boom legte der private Konsum lediglich um ein Prozent zu, im vergangenen um sieben Prozent. Für den Unterschied sind die verschiedenen Einflussgrößen mit den folgenden Anteilen verantwortlich:

  • die niedrigeren Lohnerhöhungen mit gut einem Prozentpunkt,
  • die Transferkürzungen mit gut einem halben Prozentpunkt,
  • die gestiegene Sparquote der privaten Haushalte mit gut zwei Prozentpunkten, 
  • die höheren Importpreise mit rund anderthalb Prozentpunkten und
  • die Erhöhung der Mehrwertsteuer mit ebenfalls rund anderthalb Prozentpunkten.

Auch für die nahe Zukunft sind die Ökonomen alles andere als optimistisch. Denn viele Bestimmungsgrößen des privaten Konsums werden diesen im Jahr 2008 weiterhin schwächen. "Insofern dürfte der private Verbrauch auch in der Spätphase des Konjunkturaufschwungs nicht zur treibenden Kraft werden", so IMK-Forscher Rudolf Zwiener.

  • Statt es auszugeben horten die privaten Haushalte mehr als ein Zehntel ihres Einkommens. Zur Grafik
  • Die Binnenkonjunktur hätte sich besser entwickeln können. Zur Grafik
  • Der aktuelle Aufschwung ist exportgetrieben. Zur Grafik

Konjunkturprognose des IMK (pdf), IMK Report Nr. 25, Dezember 2007

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