zurück
Magazin Mitbestimmung

Böckler-Aktion Bildung: "Gewerkschaftskontakte halfen mir bei der Jobsuche"

Ausgabe 01/2016

Soumaila Savadago, 29, war als unbegleiteter Jugendlicher aus Westafrika gekommen. Er kämpfte sich durch, studierte Elektrotechnik und engagiert sich heute selbst in der Flüchtlingshilfe. Von Jeannette Goddar

 Er hat seinen Kindheitstraum verwirklicht: Soumaila Savadago arbeitet in einem Büro, an einem Schreibtisch, auf dem zwei Bildschirme stehen. Als Erwachsener ist das sicher ein schöner Beruf – aber ein Kindheitstraum? Wollen Kinder nicht Pilot, Astronaut oder Lokführer werden? Entwaffnender als der 29-jährige Elektroingenieur kann man auf die Frage nicht antworten: „In Deutschland vielleicht. Aber ich kannte keinen, der in einem Büro arbeitet. Und ich wollte dorthin.“

Schaut man sich die Geschichte des ersten BAB-Stipendiaten an, stellt man fest: Er muss das wirklich gewollt haben – sonst hätte er es kaum in so atemberaubender Geschwindigkeit geschafft. Heute ist er Planungsingenieur in einem Technologiekonzern in Cottbus. Mit 16 war der Junge, der in der Elfenbeinküste geboren wurde und in Burkina Faso aufwuchs, nach Deutschland gekommen. Unbegleitet und minderjährig, wie es im Amtsdeutsch heißt, erst nach Hamburg, dann nach Eisenhüttenstadt, von dort nach Cottbus. Deutsch hat er sich, gelegentlich von Ehrenamtlichen unterstützt, mit einem Französisch-Deutsch-Buch über Monate selbst beigebracht. Erst als er einen Sprachkurs in einem SOS-Kinderdorf auftrieb, wurde es professioneller. Vor allem aber traf er dort auf Mitschüler, die fragten: Können wir nicht auf eine Schule gehen wie alle anderen auch? Das nämlich war bis vor wenigen Jahren für Asylbewerber in vielen Bundesländern überhaupt keine Selbstverständlichkeit.

Schnell begann Soumaila Savadago, sich in der politischen Flüchtlingsarbeit zu engagieren: für das Recht auf Bildung und dagegen, dass Asylbewerber ihren Landkreis nicht verlassen dürfen – eine Regelung, die 2015 nach langen Kämpfen gelockert wurde. Und er ging auf eine Schule. Binnen drei Jahren schaffte er es zum Abitur. Wie das mit einem Studium gehen sollte, hatte er bis dahin keine Ahnung. Um einen Weg zu finden, beriet er sich mit dem Diakonischen Werk. Dort gab es Internet und eine Mitarbeiterin, die mit ihm die gerade erst ins Leben gerufene Böckler-Aktion Bildung fand. Was es bedeutet hätte, wenn er sie nicht gefunden hätte, sagt er ganz offen: „Mein Bildungsweg wäre zu Ende gewesen – alleine in Deutschland, ohne Familie, die mithilft.“

Die Hans-Böckler-Stiftung passte aber auch besonders gut zu ihm. Schon als Schüler engagierte er sich in Burkina Faso in einer Gewerkschaft. Kurz nach seiner Aufnahme in die BAB trat er in den Verband Deutscher Elektrotechniker und in die IG Metall ein. Über die Gewerkschaftskontakte erfuhr er – bei einem Weihnachtsessen – auch von seinem jetzigen Job als Planungsingenieur bei einem Technologiekonzern in Cottbus. Zu jenen ehemaligen Stipendiaten, die wie er Natur- und Ingenieurwissenschaften studierten, hat er über die jährlichen Treffen hinaus Kontakt. „Wir fragen, helfen und informieren uns gegenseitig“, erzählt er. „Das Tolle an der BAB ist, dass man viele Leute trifft, die in einer ähnlichen Lage sind. Das schweißt zusammen, und es ist eine echte Unterstützung.“ Und es hilft auf dem Weg zu Soumaila Savadagos Forderung Nummer eins an Deutschland: Jeder sollte das gleiche Recht haben, zu studieren.

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen