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Magazin Mitbestimmung

Mein Arbeitsplatz: Sechs Euro die Woche

Ausgabe 10/2012

Ahmed Basam, 20, arbeitet in der „Tischlerei von Mohammed“ am Westufer des Nils gegenüber von Luxor. Er ist neun Jahre zur Schule gegangen, was in Oberägypten nicht unbedingt der Regel entspricht.

Luxor, Gezirat El Bairat „Ich arbeite jetzt seit einem Jahr hier in der Schreinerei. Vorher habe ich Gemüse und Obst auf dem Markt verkauft. Berufe, in denen man sich die Hände schmutzig macht, sind unter jungen Männern nicht besonders gut angesehen. Viele suchen ihr Glück im Tourismus, der aber seit der Revolution stark zurückgegangen ist. Mir macht diese Arbeit Spaß, weil ich kreativ sein kann. Ich lerne jeden Tag dazu. Große Sachen kann ich noch nicht machen, aber ich kann sägen – mit der Handsäge und an der Maschine. Ich kann auch schleifen, per Hand und elektrisch. Wir bauen Möbel, aber auch Türen und Fenster für neue Häuser. Hier auf der Westbank wird gerade viel gebaut. Zurzeit haben wir einen Auftrag für ein neues Hotel: Fenster und Türen im arabischen Stil.

Zu meinen Aufgaben gehört es, die Werkstatt morgens aufzuschließen, außerdem mache ich sauber. Dann warten meine Kollegen und ich auf den Chef, damit er uns sagt, was wir machen sollen. Wir sind hier zu viert, ein Kollege ist älter als ich, 23, die beiden anderen sind jünger, 17 und 18. Wir kommen gut miteinander aus. Zwei von uns sind Muslime, zwei sind Kopten. Das ist ganz normal. Auch mein Chef ist freundlich zu allen. Wir arbeiten ungefähr von 8.30 Uhr bis 20 Uhr – je nachdem, wie viel Arbeit anfällt. Ich stehe gerne an der Säge. Holz schleppen mag ich nicht, das ist schwer. Und ich fühle mich nicht gut, wenn ich etwas machen soll, was ich noch nicht kann. Dann muss ich fragen.

Zur Arbeit komme ich mit dem Minibus aus einem Nachbardorf, At Tarif, das dauert 15 Minuten. Dort wohne ich bei meinen Eltern, zusammen mit meinen drei Brüdern und zwei Schwestern. Meinen Lohn gebe ich komplett zu Hause ab, denn meine Brüder verdienen weniger als ich. Einer lernt, einer ist beim Militär und einer arbeitet bei Bauern auf dem Feld. In der Woche verdiene ich 50 Pfund, etwa 6 Euro. Das ist in Ordnung, denn ich kann ja noch nicht so viel. Ich bin froh, dass ich hier einen Beruf lerne. Mein Traum ist es, mal alle Möbel bauen zu können, die man in der Wohnung braucht, also Stühle, Tische, Schränke, Betten. Wenn ich so weit bin, will ich meine eigene Werkstatt aufmachen.“ 

Textdokumentation: Gesa von Leesen

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