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HBS Böckler Impuls

Wirtschaftskrise: Nachhaltige Erholung braucht ein drittes Konjunkturpaket

Ausgabe 09/2009

Deutschland hat noch nicht genug gegen die Weltwirtschaftskrise unternommen. Kurzfristig nötig sind vor allem Eigentumsrechte des Staats an den zu rettenden Banken, die längere Zahlung von Arbeitslosengeld und ein drittes Konjunkturpaket.

Bundesregierung und Europäische Zentralbank (EZB) haben bereits viel getan, um den Absturz der Wirtschaft zu stoppen. Doch die bisherigen Pläne reichen allenfalls zu einem Verharren auf niedrigem Niveau, analysiert das IMK. Für eine nachhaltige Erholung haben die Ökonomen eine wirtschaftspolitische Krisenstrategie erarbeitet:

Noch ein Konjunkturpaket. Das Volumen der Konjunkturprogramme ist angesichts der unerwarteten Tiefe der Rezession zu klein, zeigen die Wirtschaftsforscher. Deshalb müsse die Bundesregierung umgehend ein drittes Konjunkturpaket auflegen. Die öffentlichen Investitionen sollten 2010 nochmals um 10 Milliarden und 2011 um 15 Milliarden Euro steigen. Großes Defizit der bisherigen Konjunkturprogramme: Sie sehen lediglich Investitionen in Beton vor, nicht aber Investitionen in Köpfe - sprich: mehr Personal. Gerade im Bildungsbereich, aber auch in vielen sozialen Berufen wären Neueinstellungen erforderlich.

Auch der private Konsum braucht mehr Unterstützung, um dem wirtschaftlichen Einbruch entgegenzuwirken. Das IMK schlägt eine Ausweitung des Kinderbonus' vor: ab Juni dieses Jahres ein halbes Jahr lang monatlich 200 Euro pro Kind.

Das Konjunkturpaket könnte am besten wirken, wenn die Aktivitäten international koordiniert wären. In diesem Fall würden in allen Ländern die Sickerverluste nationaler Programme aufgrund steigender Importe stark begrenzt.

Beim Thema Verschuldung gilt: Erst wenn die Konjunktur an Fahrt gewinnt, können die öffentlichen Haushalte ihre Defizite zurückfahren. Höchst problematisch wäre die Verankerung einer so genannten Schuldenbremse im Grundgesetz, so die Ökonomen. Denn mechanische gesetzliche Regelungen könnten niemals aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten gerecht werden und würden daher Schieflagen sogar verschärfen.

Bessere Regeln zur Bankenrettung. Banken müssten dazu verpflichtet werden, ihre "giftigen" Wertpapiere in Bad Banks auszulagern. Nach den bisherigen Plänen können Geldinstitute dies auf freiwilliger Basis tun. Weil noch keine strengere Regulierung existiert, lädt das die Geldhäuser zu weiteren Spekulationen ein, warnt das IMK. Eine Beteiligung an den Banken brächte dem Staat einen Einfluss auf deren Geschäftspolitik. So könnte er sicherstellen, dass die Institute wieder ihre wirtschaftliche Funktion erfüllen.

Entsprechende Eigentumstitel erlauben es der öffentlichen Hand auch, einen Teil der Kosten der Finanzmarktkrise über künftige Kursgewinne abzudecken. Denn in Zukunft werden sich die Börsenkurse der Banken höchstwahrscheinlich wieder erholen. Mit dem Verkauf seiner Anteile könnte der Staat dann einen Teil seiner wegen der Krise erhöhten Schuldenlast abtragen.

Eindämmen der Deflationsgefahr. Wegen des weltweit scharfen wirtschaftlichen Einbruchs ist es weiterhin möglich, dass die Preise nachhaltig sinken. Die Konjunkturforscher halten es deshalb für erforderlich, dass die EZB ihren Leitzins auf Null senkt und breitflächig Wertpapiere aufkauft, bis die Deflationsgefahr nachlässt.

Auch die Bundesregierung kann gegensteuern, indem sie einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn einführt. Denn bei sinkenden Preisen entsteht ein Druck auf die Löhne. Mit einer Haltelinie ließe sich dieser abmildern.

Arbeitslosengeld I für 24 Monate. Ab dem Sommer werden die Arbeitslosenzahlen rasant steigen, ohne dass es schnell neue Jobs geben wird. Damit würden 2010 Hunderttausende in Hartz IV abrutschen. Massive Einkommens- und möglicherweise Vermögensverluste wären die Folge; die Binnennachfrage würde dramatisch geschwächt. Deshalb schlägt das IMK vor, das Arbeitslosengeld I für die Zeit der Krise auf einheitlich zwei Jahre zu verlängern.

  • Ausfall privater Aufträge: Die erhöhten Ausgaben des Staates für Bauten können die Investitionsrückgänge der Privaten nur zum Teil ausgleichen. Zur Grafik
  • Der private Konsum braucht mehr Unterstützung, um dem wirtschaftlichen Einbruch entgegenzuwirken. Zur Grafik

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