Forschungsprojekt: Mikrokredite für Menschen ohne Einkommenssicherheiten

Grameen Bank: Mikrokredite für Menschen ohne Einkommenssicherheiten. Eine explorative Studie im Hinblick auf Transfermöglichkeiten.

Projektziel

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Frage nach der Übertragbarkeit des spezifischen Mikrofinanzansatzes der Grameen-Bank auf Verhältnisse in entwickelten Ländern. Hintergrund ist die Frage der Eignung des Grameen-Ansatzes zur Reintegration von Menschen ins Erwerbsleben in Form von Voll- und Teilerwerbsgründungen.

Projektbeschreibung

Kontext

Die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Wirtschaftswissenschaftler Prof. Mohamed Yunus im Jahr 2006 brachte das Thema Mikrofinanz und damit die Grameen-Bank als einen der herausragenden Mikrofinanzierer in den Mittelpunkt weltweiter Aufmerksamkeit. Das Konzept der Grameen-Bank wurde inzwischen in mehr als 100 Staaten, zumeist Entwicklungsländern wie Bangladesch, kopiert und trägt dort erfolgreich zur Beseitigung von Armut bei. Die Übertragbarkeit von Gruppenkrediten nach dem Grameen-Prinzip in entwickelte Länder hingegen wird eher kritisch bewertet. Ein Hauptgrund hierfür wird im gesellschaftlichen Kontext entwickelter Länder gesehen, in welchem aufgrund mangelnder sozialer Kohäsion bzw. breiterer ökonomischer und sozialer Ausdifferenzierung und Mobilität die notwendigen Voraussetzungen für die Anwendung von Peer Monitoring und Peer Pressure nicht ausreichend vorhanden seien.

Fragestellung

Im vorliegenden Bericht wird die Frage gestellt, inwiefern sich das Konzept der am Gruppenkredit orientierten Mikrofinanzierung nach dem Modell der Grameen-Bank als Instrument der Reintegration in den Arbeitsprozess in Form von Voll- und Teilerwerbsgründungen auf entwickelte Länder - insbesondere der Bundesrepublik Deutschland - übertragen lässt.

Untersuchungsmethoden

Nach Sichtung der Literatur wurden Vertreter von Grameen sowie Experten, die sich mit der Grameen-Bank befassen, direkt angesprochen. Ziel war es, Informationen mit Bezug auf Grameen-Projekte in Deutschland und den USA im Rahmen qualitativer Befragungen zu sammeln sowie ggf. unterschiedliche Zielrichtungen und Positionen bei geplanten Projekten herauszuarbeiten und darzustellen. Es konnten eine Reihe von Interviews mit Vertretern des Grameen-Projekts in den USA (Queens, New York) und in Berlin (Genisis Institut) sowie mit Experten, die Projekte vor Ort in Bangladesch besucht bzw. evaluiert haben, geführt werden. Für die anschließende Bewertung der Erfolgsaussichten des Grameen-Konzepts in entwickelten Ländern wurde Literatur zum Thema Existenzgründung mit einbezogen. Auf der Grundlage von Datenerhebungen vorangegangener Untersuchungen, hier insbesondere der Leipziger Gründerstudie, wurden eigene vertiefende Auswertungen durchgeführt.

Darstellung der Ergebnisse

- Mikrokredite können nur als ein Instrument für ökonomische Entwicklung gewertet werden, sie können jedoch keinen umfassenden Entwicklungsansatz ersetzen. Eine Gefahr liegt darin, dass Armut über das Vehikel des Mikrokredits sogar noch weiter ausgebeutet wird.

- Eine 1:1-Adaptierung des Modells aus Bangladesch wird eher skeptisch beurteilt. Zumindest in Deutschland muss eine nachhaltig lebensfähige Adaption des Grameen-Prinzips sehr pragmatisch mit den Vorgaben aus Bangladesch umgehen.

- Private Mikrofinanzierer geraten in einen Zielkonflikt: Sind die Kredite zu hoch, besteht eine verringerte Rückzahlungsbereitschaft. Gleichzeitig belasten zu hohe Annuitäten die Existenzgründung. Sind die Kredite zu gering, droht eine Unterfinanzierung.

- Als Maßstab des Erfolgs aus entwicklungspolitischer Sicht ist die Rückzahlungsquote nicht ausreichend. Entscheidend ist die Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit der Existenzgründung.

- Kleinstkredite nach dem Grameen Prinzip sind auch in entwickelten Ländern geeignet, eine eigene nachhaltige Vollerwerbsgründung aufzubauen: Dort, wo Gründungen kleinteilig erfolgen, kann ein Mikrokredit greifen.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Dr. Frank Gaeth

Kontakt

Dr. Eike Windscheid-Profeta
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung
eike-windscheid@boeckler.de

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