Projektbeschreibung
Kontext
Das deutsche Bildungssystem befindet sich in einem grundlegenden Wandel, der vielfach unter dem Schlagwort Akademisierung gefasst wird. Gemeint sind hiermit die seit Jahren steigende Anzahl an StudienanfängerInnen sowie die daraus resultierende höhere Anzahl an AkademikerInnen auf dem Arbeitsmarkt. Fraglich ist, wie sich dadurch die Qualifizierungs- und Rekrutierungsstrategien seitens der Unternehmen verändern und welche Rolle weitere arbeitsorganisatorische Entwicklungen, wie bspw. die Digitalisierung dabei spielen. Diesen Fragen nachzugehen war Gegenstand des Projektes „Folgen der Akademisierung der Arbeitswelt“, welches vor allem den gegenwärtigen und zukünftigen Stellenwert beruflich-betrieblicher Bildung in den betrieblichen Qualifizierungs- und Rekrutierungsstrategien fokussiert. Um ein differenziertes Bild der Entwicklungen zu erhalten, wurden mit der Metall- und Elektrobranche, der IKT-Branche und dem Einzelhandel drei Branchen genauer untersucht.
Fragestellung
Forschungsleitende Fragestellungen des Projektes waren:
- Inwiefern kommt es angesichts der zunehmenden Akademisierung zu einem veränderten Stellenwert beruflich-betrieblicher Bildung in den betrieblichen Qualifizierungs- und Rekrutierungsstrategien?
- Inwiefern kommt es zu einer Verdrängung von AbsolventInnen beruflich-betrieblicher Bildung durch Hochschulabsolvent(inn)en aus beruflichen Positionen?
- Inwiefern verändern sich die Karriereaussichten von AbsolventenInnen des beruflich-betrieblichen Bildungstyps?
- Und welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang arbeitsorganisatorische Veränderungen, bspw. aufgrund der Digitalisierung?
- Inwieweit gibt es gegenläufige Trends? Wirkt sich bspw. die formale Gleichstellung von beruflichen Fortbildungsabschlüssen und Bachelor-Abschlüssen im DQR auf die betrieblichen Entscheidungen aus?
- Welche Einflussmöglichkeiten sehen die betrieblichen Interessenvertretungen und Personalverantwortlichen zur Stärkung beruflich-betrieblicher Bildung?
Untersuchungsmethoden
Um diesen Fragestellungen nachzugehen wurden in den drei Branchen zu Beginn der Erhebungsphase zunächst sechs Bildungsexpertinnen und -experten der Sozialpartner interviewt. In der Folge wurden dann insgesamt 18 Unternehmen genauer untersucht und leitfadengestützte Experteninterviews mit Personalverantwortlichen auf operativer und auf strategischer Ebene sowie mit Betriebsräten geführt. Die geführten Experteninterviews wurden anschließend mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet und zu Branchenberichten aggregiert. Die Ergebnisse aus den einzelnen Branchen wurden sodann miteinander kontrastiert, um so einerseits Branchenspezifika herausarbeiten und andererseits übergreifende Trends identifizieren zu können.
Darstellung der Ergebnisse
Bezogen auf die Kernfrage nach einem veränderten Stellenwert beruflich-betrieblicher Bildung in den Unternehmen stellt sich die Antwort differenziert dar. Insgesamt wird der dualen Berufsausbildung eine große Wertschätzung entgegengebracht, welche zu einem relativ stabilen Stellenwert beruflich-betrieblicher Bildung beiträgt. Darüber hinaus wird in allen drei Branchen die betriebsinterne Qualifizierung und Rekrutierung von Fachkräften deutlich gegenüber der Rekrutierung von Fachkräften über den externen Arbeitsmarkt favorisiert.
Gleichwohl konnten in der IKT- sowie in der Metall- und Elektrobranche anders als im Einzelhandel durchaus auch Verdrängungseffekte dualer Berufsausbildung durch duale Studienangebote ausgemacht werden. Als zentraler Treiber konnten hierfür branchenübergreifend die gestiegene Nachfrage junger Erwachsener nach akademischen Abschlüssen identifiziert werden. Auch im Hinblick auf einen sich verändernden Stellenwert beruflicher Aufstiegsfortbildung differieren die Ergebnisse je nach Branche.