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Minijobs Prekäre Jobs Auf einen Blick

Auf einen Blick: Minijobs als Teil des Niedriglohnsektors

Minijobs als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt? Diese Hoffnung konnte die "geringfügige Beschäftigung" nicht erfüllen. Aktuelle Studien und die Erfahrungen in der Corona-Krise zeigen: Minijobs sind oft prekäre Beschäftigung im Niedriglohnbereich und Teil des Problems, nicht Teil der Lösung.

[ 31.03.2022]

In ihrem Sondierungspapier skizzieren SPD, FPD und Grüne umfangreiche Reformen des Arbeitsmarkts. Neben den uneingeschränkt begrüßenswerten Aspekten wie der Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro und der Stärkung der Tarifautonomie, der Tarifpartner und der Tarifbindung soll es auch bei den Minijobs "Verbesserungen" geben. Das ist jedoch mit Blick auf die zahlreichen Probleme und Schwächen dieser Form der geringfügigen Beschäftigung ein fragwürdiges Vorhaben.

So will die Ampel-Koalition laut Sondierungspapier zwar "Missbrauch" und "Teilzeitfallen" beenden. Doch wie dies gelingen soll, wenn zugleich eine Anhebung der Obergrenze von 450 Euro auf 520 Euro festgesetzt werden soll, ist fraglich. Ein Blick in die Forschung zeigt zahlreiche negative Effekte von Minijobs als Teil des überdurchschnittlich großen Niedriglohnsektors in Deutschland. Expertinnen und Experten halten daher mittelfristig sogar eine Abschaffung dieser Beschäftigungsform für sinnvoll:

Minijobs verdrängen sozialversicherungspflichtige Stellen - vor allem in kleinen Unternehmen, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in einer umfangreichen Studie kürzlich errechnet. "Hochgerechnet dürften Minijobs in kleinen Betrieben etwa 500.000 sozialversicherungspflichtige Jobs ersetzt haben", so die Forschenden.

Mehr Minijobs, weniger reguläre Stellen: Das verursacht Ausfälle bei den Sozialversicherungsbeiträgen. Bereits im Jahr 2014 waren das laut IAB bis zu drei Milliarden Euro.

Minijobs schützen nicht vor Armut: Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen unterhalb der Armutsschwelle war 2018 in Teilzeit oder geringfügig im Minijob beschäftigt. Gegen Armut helfen höhere Löhne und eine Ausweitung von regulären, tariflich abgesicherten Jobs.

Minijobs sind prekäre Jobs: Hunderttausende Minijobber verloren während der Coronazeit ihre Arbeit und erhielten keine Lohnersatzleistung. Sie sind oft die ersten, die in Krisen gehen müssen.

Die Auswirkungen der Epidemie wurden dadurch verschärft, dass 450-Euro-Minijobs insbesondere in Branchen wie Gastronomie und Handel verbreitet sind, die unter den Kontaktbeschränkungen stark litten. Ende Juni 2021 gab es bundesweit gut 436.000 geringfügig Beschäftigte weniger als vor Beginn der Pandemie zwei Jahre zuvor. Das zeigt eine neue Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, die auch detaillierte Minijob-Daten für alle 400 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland liefert.

  • Bettina Kohlrausch Minijobs
    Bettina Kohlrausch Minijobs

Minijobs werden für viele zur "Falle" und sind meist kein Wegbereiter in sozialversicherungspflichtige Vollzeitjobs: Durch ihre Besserstellung bei den Abgaben lohnt es für viele nicht, ihren Minijob zugunsten einer regulären Stelle zu ersetzen, so eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung. "Für Frauen und Mütter ist der Minijob bis 450 Euro pro Monat zumeist die attraktivste Beschäftigungsform. Darüber hinaus gehende Arbeit in Teilzeit lohnt sich für sie vergleichsweise wenig. Für Alleinstehende und Alleinerziehende im Niedriglohn ist sogar nur die Aufnahme eines Kleinstjobs bis 100 Euro monatlich attraktiv", so die Forscherinnen.

Der vom Bundesarbeitsminister berufene "Rat der Arbeitswelt" empfiehlt stattdessen die Abschaffung von Minijobs: "Die Hoffnung, dass die Minijobs eine Brückenfunktion ausüben, hat sich nicht erfüllt. Der Rat empfiehlt daher die stufenweise Abschaffung der geringfügigen Beschäftigung."

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