Praxistipp: Kreativ durch die Krise
Das Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung (I.M.U.) wertet regelmäßig Betriebs- und Dienstvereinbarungen aus und veröffentlicht Themenmodule zu aktuellen Fragen der Arbeit von Interessenvertretungen. Mit der Reihe „Praxistipp“ stellen wir in jeder Ausgabe eine Auswertung oder Veröffentlichung vor.
In der Krise schlägt die Stunde der Wahrheit. Denn wenn Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, sind Betriebsräte besonders gefordert. Wie Betriebsräte Krisen beispielhaft eindämmen, zeigt eine Auswertung des I.M.U.. Darin sind Projekte für den Deutschen Betriebsrätepreis vergangener Jahre zusammengefasst. Sie stehen unter dem Motto „Zukunftssicherung und Gute Arbeit“.
Gleich bei mehreren der acht Beispiele geht es um die Bewältigung von Krisen, darunter Kämpfe gegen Standortschließungen. Sie zeigen, dass ein starkes Unterstützernetzwerk aus den Gesamt- und Konzernbetriebsräten, der Gewerkschaft, Beschäftigten und auch Unternehmenskunden Großes bewirken kann.
Bei der Commerzbank etwa stellte sich der Gesamtbetriebsrat gegen den Plan der Bank, 10 000 Stellen zu streichen. Zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen entwickelte der GBR eine Kaskade. An ihrem Beginn standen Maßnahmen wie das Ausnutzen natürlicher Fluktuation oder etwa eine kollektive Arbeitszeitverkürzung. Erst ganz am Ende des achtstufigen Prozesses sind betriebsbedingte Kündigungen möglich. „Die Kaskade wirkt so gut wie ein Kündigungsschutz“, sagt Uwe Tschäge, im Jahr 2021 Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei der Bank. „Der Arbeitgeber kommt kaum zum letzten Punkt, zur Kündigung, weil es davor viele Zwischenschritte gibt.“
Bei General Electric setzte Falk Hoinkis auf eine breite Öffentlichkeit, als der Mischkonzern den Standort in Kassel dichtmachen wollte. Der damalige Verhandlungsführer schloss die Reihen zwischen Belegschaft, der IG Metall, der Politik und den Medien. Zudem zog er Großkunden auf seine Seite, die mit Vertragskündigung drohten. „Dieser Zusammenhalt war ein unheimlicher Brocken fürs Management, an dem sie sich die Zähne ausgebissen haben“, sagt Falk Hoinkis. Seine Allianz verhinderte das Aus für den Standort.
In Werra verhinderte der Betriebsrat mithilfe der Beschäftigten die Schließung eines Salzbergwerks von K+S Minerals and Agriculture. Der Konzern litt darunter, dass Genehmigungsverfahren bei der Lagerung von Rückständen lange unsicher blieben. Der Betriebsrat zapfte daher die Kreativität und das Know-how der eigenen Beschäftigten an. Die Belegschaft entwickelte in Workshops neue Verfahren und Vorgehensweisen, die letztendlich maßgeblich dazu beitrugen, den Standort anders aufzustellen und seine Zukunft zu sichern.
Die vollständigen Beispiele für gute Betriebsratsarbeit zum Nachlesen unter: Eine Sonderauswertung eingereichter Projekte für den Deutschen Betriebsrätepreis der Jahre 2018-2023: Zukunftssicherung und gute Arbeit
Weitere Fragen an: betriebsvereinbarung[at]boeckler.de