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Manuela Grieger ist Betriebsratsvorsitzende der InfraLeuna GmbH Magazin Mitbestimmung

Mitbestimmung der Zukunft: "Mitsprache bei der Personalplanung wäre toll"

Ausgabe 03/2021

Manuela Grieger ist Betriebsratsvorsitzende der InfraLeuna GmbH. Seit 1990 engagiert sie im Betriebsrat. Sie fordert eine frühzeitige Einbeziehung bei der Personalplanung.

Ich arbeite seit meiner Ausbildung 1977 in Leuna. Damals waren in den Leuna-Werken 30 000 Menschen beschäftigt, jetzt sind es am Standort 10 000. Bereits in meiner Ausbildung bin ich in die Gewerkschaft, den früheren FDGB, eingetreten. Mit der Wende 1990 mussten wir uns in einem völlig neuen Weltbild zurechtfinden. Trotzdem habe ich das nie als etwas Bedrohliches empfunden, sondern eher als eine Herausforderung. Mit damals 29 Jahren habe ich in der Wendezeit meine Chance gesehen, etwas Neues mitzugestalten, deshalb bewarb ich mich als Kandidatin für die ersten Betriebsratswahlen im Jahr 1990. Seither bin ich Betriebsratsmitglied und seit 2018 Betriebsratsvorsitzende der InfraLeuna GmbH. Unser Unternehmen hat rund 780 Mitarbeiter. Es ist Dienstleister für die Firmen am Standort. Wir kümmern uns um alles – von Analytikleistungen bis zur Werksfeuerwehr –, damit die Firmen sich auf die Produktion konzentrieren können.

Durch die Coronakrise sind wir recht gut gekommen, auch wenn hier und da Lieferketten aus dem Takt geraten sind. Wir konnten trotz Auftragsrückgängen Kurzarbeit vermeiden. Wir wurden früh in diese Thematik einbezogen, und es gelang uns, frei gewordene Mitarbeiter zeitweilig in anderen Bereichen einzusetzen. Zum Beispiel wurden Kraftfahrer dann in der Instandhaltung oder auch als Hausmeister beschäftigt. Andere Mitarbeiter halfen beim werksärztlichen Dienst bei der Desinfektion und dem Transport von Desinfektionsmittel in die Bereiche aus.“

Unsere Arbeit erfordert eine gezielte, an die Aufgaben angepasste Personalplanung. Derzeit haben wir ein sehr hohes Investitionsvolumen zu bewältigen, da fallen schon mal Überstunden an. Wenn das aber zu einem Dauerzustand wird, muss über die Notwendigkeit, mehr Personal einzuplanen, gesprochen werden, und das, bevor es zu Überlastungsanzeigen kommt. Auch die demografische Analyse gehört zur Personalplanung. Es ist notwendig, früh zu wissen, welche Mitarbeiter wann in Rente gehen werden, um gezielt Azubis in den erforderlichen Berufen zum richtigen Zeitpunkt einsetzen zu können. Eine Personalakquise ist auch bei Umstrukturierungen oder Geschäftserweiterungen notwendig.

In allen Fällen wäre eine frühzeitige Einbeziehung und die Mitbestimmung des Betriebsrats wichtig. Zwar erhalten wir auf Anfrage jederzeit Antworten zu schon beschlossenen Planungen und bereits festgelegten Personalzahlen, aber in die Vorüberlegungen werden wir nicht einbezogen. Derzeit wird in der Politik über die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte beraten. Hier wünsche ich mir eine echte Mitbestimmung bei der Personalplanung, denn derzeitig können wir immer nur regulierend tätig werden. Ein weiterer Wunsch meinerseits wäre, dass die Arbeit von freigestellten Betriebsräten, die echte Managementqualitäten hat, auch angemessen vergütet wird. Leider ist dies im Betriebsverfassungsrecht so nicht vorgesehen.

Schwerpunkt: Mitbestimmung der Zukunft

Ob auf dem Bau, bei der Polizei, an Hochschulen oder im Stahlwerk – die Veränderungen der Arbeitswelt fordern Betriebs- und Personalräte heraus. Sechs von ihnen erzählen, was sie für die Zukunft brauchen.

"Parität im Aufsichtsrat ist ein Vorteil"
"Wir haben mehrere Verbesserungen erreicht"
"Solidarität kommt zu kurz"

"Mitsprache bei der Personalplanung wäre toll"
"Das System muss geheilt werden"
"Die Konflikte werden mehr"

Die Hans-Böckler-Stiftung startet im Wahljahr eine Informationskampagne: Mitbestimmung sichert Zukunft

Der Mitbestimmungsindex zeigt: Sechs Dinge, die in mitbestimmten Unternehmen besser sind

Generationswechsel bei Betriebs- und Aufsichtsräten: Jünger und bunter

Europäische Betriebsräte: Informationsrechte auch durchsetzen

Aufsichtsratsexperte Sebastian Sick erklärt, wie es vielen Unternehmen gelingt, geltende Gesetze zur Mitbestimmung zu umgehen: "Wir bekommen einen Schweizer Käse"

 

 

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