Quelle: HBS
Service aktuellSystemrelevant Podcast: Neue Impulse für Arbeitnehmerrechte
Ernesto Klengel und Antonia Seeland vom HSI bringen rechtliche Entwicklungen auf den Punkt: vom EuGH-Urteil zu den Rechten schwangerer Arbeitnehmerinnen über den EGMR zur Impfpflicht im Gesundheitswesen bis zu Datenschutz-Entscheidungen.
[28.11.2024]
Das Hugo-Sinzheimer-Institut (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung erstellt vierteljährlich einen Report, der sich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie aktuellen juristischen Entwicklungen beschäftigt. In der aktuellen Folge des Podcasts Systemrelevant haben Ernesto Klengel, Direktor des HSI, und Antonia Seeland, Referentin für Sozialrecht und Europäisches Arbeitsrecht am HSI, interessante Erkenntnisse aus dem Report zusammengetragen und erläutern die neuesten rechtlichen Entwicklungen und Entscheidungen.
EuGH stärkt Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen
Der EuGH hat kürzlich die Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen gestärkt: In einem Urteil (C-284/23) stellte der EuGH klar, dass schwangeren Frauen ausreichend Zeit eingeräumt werden muss, um eine Kündigung vor Gericht anzufechten, falls sie erst nach Ablauf der Frist erfahren, dass sie zum Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger waren. Der EuGH kritisierte die zu kurze Frist und das komplexe deutsche Schutzsystem, was auch in Österreich von Experten wie Prof. Dr. Martin Gruber-Risak als problematisch angesehen wird.
EGMR-Urteil zur Impfpflicht im Gesundheitssektor: Keine Verletzung der Grundrechte
In einem anderen wegweisenden Fall entschied der EGMR, dass die Impfpflicht im Gesundheitssektor in San Marino keine Verletzung der Grundrechte darstellt. Im Mai 2021 führte San Marino eine gesetzliche Regelung ein, die Mitarbeiter im Gesundheitswesen zur Covid-19-Impfung aufforderte. Wer sich weigerte, wurde versetzt oder regelmäßig getestet, mit einer vorübergehenden Suspendierung als ultima ratio. Die betroffenen Kläger argumentierten, dass diese Maßnahme ihre Rechte auf Privatleben verletze. Der EGMR entschied jedoch, dass das nationale Gesetz gerechtfertigt war, um die öffentliche Gesundheit zu schützen.
Aufsichtsbehörde muss nicht immer eingreifen
Antonia Seeland erläutert den Fall einer Sparkasse-Mitarbeiterin, die unbefugt auf personenbezogenen Daten eines Kunden zugegriffen hat. Die Sparkasse verhängte Disziplinarmaßnahmen, informierte den Kunden jedoch nicht, da kein hohes Risiko für ihn bestand. Der Kunde legte Beschwerde ein, forderte eine Geldbuße und klagte, da er eine Abhilfemaßnahme der Behörde erwartete.
Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde: Sie ist nicht verpflichtet, bei jedem Datenschutzverstoß zu handeln. Maßnahmen wie eine Geldbuße sind nur dann erforderlich, wenn sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind, um die Einhaltung der DSGVO sicherzustellen. In diesem Fall sah die Behörde keinen weiteren Handlungsbedarf. Antonia Seeland betont, es zeige, wie wichtig konstruktive Maßnahmen der Unternehmen sind, um gegen Datenschutzverstöße vorzugehen, und dass die Aufsichtsbehörde dann auch die Maßnahmen der Unternehmer konkret berücksichtigt.
Weitere spannende Rechtsurteile unter anderem zur Arbeitszeit, Überstunden und Künstliche Intelligenz gibt es im weiteren Verlauf der Folge.
Moderation: Marco Herack
Alle Informationen zum Podcast
In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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