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Demokratie: US-Wahlen: Das Gift der Spaltung wirkt weiter

Die USA lehren uns, wie sehr wir als Gewerkschaften gefordert sind, uns für die Demokratie und eine Gesellschaft einzusetzen, in der es gerecht zugeht. Von Thomas Fischer

[16.11.2020]

Die USA stehen mit dem Wahlsieg des Demokraten Joe Biden vor einem Neuanfang. Dafür haben auch die US-Gewerkschaften hart gekämpft. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften stehen solidarisch an der Seite unserer Brüder und Schwestern, wenn es jetzt darum geht, dass der Wechsel auch wirklich kommt. Das Wahlleutegremium wird die Abwahl Trumps hoffentlich bald bestätigen.

Auch wenn Trump das Weiße Haus verlassen muss: Sein Wahlsieg 2016, wie auch seine knappe Niederlage jetzt, zeigen, dass die Vereinigten Staaten politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich völlig zerrissen sind. Fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler wollte, dass dieser egomanische Spalter weiterhin das Amt des US-Präsidenten bekleidet, trotz Corona-Krise mit aktuell fast 240.000 Toten oder schwersten Waldbränden in Kalifornien.

Kaum etwas verdeutlicht die tiefe Spaltung des Landes so sehr, wie die Debatten über die Corona-Pandemie und den Klimawandel: Der republikanische Mainstream hält unbelehrbar daran fest, dass das Infektionsgeschehen keinen großen Anlass zur Beunruhigung gibt. Im Lager der Demokraten wurde hingegen der Ernst der Lage erkannt, die Pandemiebekämpfung hat oberste Priorität. Während die Republikaner leugnen, dass der Klimawandel menschgemacht ist oder sogar bestreiten, dass es überhaupt eine Klimakrise gibt, steht für die Demokraten außer Frage, wie akut der Handlungsbedarf in Sachen Klimaschutz ist.

Es gibt viele Erklärungsversuche, wie es zu dieser Situation kommen konnte. Dass ethnische und kulturelle Identitäten und struktureller Rassismus eine wichtige Rolle spielen, steht außer Frage. Es geht aber auch um politische und soziale Ungleichheit. Die Einkommensungleichheit in den USA ist nach Angaben der OECD die höchste aller G7-Staaten.

Politikerinnen und Politiker, die von Demokratie wenig, aber von Spaltung viel halten, sind uns in Europa nicht unbekannt. Die polnische und ungarische Regierung haben ihre Länder auf den Weg in die „illiberale Demokratie“ geführt. In vielen anderen EU-Staaten, auch in Deutschland, haben wir in den letzten Jahren ein Erstarken völkisch-autoritärer Rechtspopulisten erleben müssen. Menschenfeindlichkeit und  Rassismus, ein Geist des Hasses und der Unversöhnlichkeit, die Verbreitung von Verschwörungstheorien, die Verächtlichmachung unserer Demokratie – all das ist auch bei uns längst angekommen.

Die USA lehren uns, wohin all das führen kann. Und sie lehren uns, wie sehr wir als Gewerkschaften gefordert sind, uns gerade angesichts der großen sozialen und ökologischen Umbrüche in unserer Arbeits- und Wirtschaftswelt tagtäglich für die Demokratie und für eine Gesellschaft einzusetzen, in der es gerecht zugeht und in der die Menschen sichere Zukunftsperspektiven haben.

Thomas Fischer leitet die Abteilung Grundsatzfragen und Gesellschaftspolitik beim DGB und ist Mitglied des Vorstands der Hans-Böckler-Stiftung.

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