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Carsten Burckhardt, Arbeitnehmervertreter bei der STRABAG SE Magazin Mitbestimmung

Aufsichtsratsporträt: Keine Angst vor Autoritäten

Ausgabe 02/2024

Carsten Burckhardt, Arbeitnehmervertreter bei der STRABAG. Von Marius Ochs

Carsten Burckhardt musste nicht lange überlegen, ob er sich gewerkschaftlich organisieren will. „Meine Mutter nahm mich schon als Kind mit auf Demos“, sagt er. Sie war Betriebsrätin bei der Deutschen Post und protestierte damals mit ihrem Sohn gegen die Privatisierung und Zerschlagung der Deutschen Post. Knapp 40 Jahre später schaut Aufsichtsrat  Burckhardt dem Vorstand eines der größten europäischen Baukonzerne, der in Wien beheimateten Strabag, auf die Finger.

Mit 16 begann Burckhardt eine Ausbildung als Mess- und Regeltechniker in Bad Hersfeld. Der heutige DGB-Vorstand Stefan Körzell nahm ihn in die Gewerkschaft auf. „Stefan ist mein gewerkschaftlicher Ziehvater“, sagt Burckhardt. „Seit meinem Eintritt in die Gewerkschaft habe ich Bildungs- und Jugendarbeit erst für den DGB und später für die IG BAU gemacht. Ich wollte dann aber mein gewerkschaftliches ‚Hobby‘ zum Beruf machen und studierte Bildung, Gemeinwesen und Kulturarbeit.“ Burckhardts weitere Laufbahn zeugt von einem stetigen Aufstieg: erst Jugendbildungsreferent in Hessen, dann, 1998, Bundesjugendsekretär, zehn Jahre später Leiter der Region Westfalen. 2013 wurde Burckhardt in  den IG BAU-Bundesvorstand gewählt und fast gleichzeitig in den Aufsichtsrat von Hochtief berufen.

Respekt und Wertschätzung von Menschen seien ihm besonders wichtig. „Egal ob Obdachloser in der Fußgängerzone oder DAX-Vorstand – jeder Mensch hat den gleichen Respekt verdient.“ Sich von Positionen, Ämtern oder Autoritäten beeindrucken zu lassen, liege ihm fern. Schon von einem Lehrer in der Gesamtschule bekam er das „goldene Fragezeichen“ verliehen. „Ich wollte einfach seinen Standpunkt nicht akzeptieren, biss mich fest und bohrte permanent nach“, sagt Burckhardt.

Seit Juni 2023 vertritt Carsten Burckhardt die Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat der Strabag, einer Aktiengesellschaft europäischen Rechts. Zu tun gibt es genug: Fachkräftemangel, Dekarbonisierung, Digitalisierung und die immensen Bauvolumen, die es zu bewältigen gilt. Strabag will bis 2040 klimaneutral sein, der Gewerkschafter wird diese Transformation und ihre Herausforderungen eng begleiten. Dabei blickt er positiv in die Zukunft, im Interview lacht er auch gerne unvermittelt und laut, gestikuliert bestimmt und erzählt, ohne ausschweifend zu werden.

Grund zur Sorge hat die Strabag derzeit nicht: Durch den Fokus auf die Infrastruktur ist die Auftragslage gut, von der Krise am Immobilienmarkt und bei den Projektentwicklern bleibt das Unternehmen bisher verschont. Das liegt auch an der hohen eigenen Fertigungsdichte. Bauaufträge werden von den fast 30.000 Beschäftigten zu über 90 Prozent im eigenen Konzern ausgeführt. Da passt es gut, dass Burckhardt seit dem Jahr 2020 im IG-BAU-Vorstand für die gesamte Wertschöpfungskette der Bauwirtschaft zuständig ist – von der Rohstoffgewinnung über die Verarbeitung und den Bau bis zum Abriss. Auch privat ist er breit aufgestellt: Er ist leidenschaftlicher Camper, Mountainbiker und Borussia-Dortmund-Fan.

Eines ist dem Gewerkschafter am Schluss noch wichtig: Wer heute bei der größten Herausforderung, der Sicherung des Fachkräftebedarfs, erfolgreich sein wolle, der müsse Tarif zahlen, betriebliche Mitbestimmung leben und beim Arbeits- und Gesundheitsschutz glänzen. „Mit Stolz kann ich sagen, dass im Strabag-Konzern starke, selbstbewusste und erfolgreiche gewerkschaftliche Betriebsräte und Betriebsrätinnen die Interessen der Beschäftigten vertreten. “

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