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Auf dem Cover ist eine Collage mit vielen verschiedenen Menschen zu sehen. Mehr Infos zur Hans-Böckler-Stiftung

Jahresbericht 2024: Im Dialog beginnt die Zukunft

Mitbestimmung im Betrieb und in den Aufsichtsräten ist fester Bestandteil der demokratischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, wie sie sich nach den beiden Diktaturen bewährt hat. Denn unsere Demokratie lebt davon, dass wir uns trotz aller Differenzen immer wieder darum bemühen, den Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zu suchen, indem wir um Argumente ringen und nachhaltige Lösungen ermöglichen.

Gewerkschafter*innen sind als Betriebsrät*innen, als Aufsichtsrät*innen und als Tarifpartner*innen täglich mit dieser Aufgabe konfrontiert. Sie sind gewohnt, Widersprüchliches auszuhalten und nach guten Kompromissen zu suchen. Sie müssen im Wissen um den Grundkonflikt zwischen Kapital und Arbeit im Hier und Jetzt für ihre Kolleg*innen, für den Erhalt der Arbeitsplätze, für Gute Arbeit und faire Löhne streiten. Es ist ein guter Streit.

2024 stand jedoch unter einem anderen Stern: Statt Ausgleich der Interessen war Streit um des Streitens willen angesagt. Statt des Austauschs faktenbasierter Argumente waren Fake News, Clickbaiting und sogar körperliche Übergriffe gegen Wahlkämpfer*innen an der Tagesordnung. Politik, die nach gemeinsamen Lösungen sucht, wurde als führungsschwach diskreditiert. Es war kein leichtes Jahr für aufrechte Demokrat*innen.

Die Hans-Böckler-Stiftung trägt mit ihrer Forschung, Beratung, den Bildungsangeboten und natürlich ihrer Förderung von begabten Studierenden aus der Arbeitnehmer*innenschaft dazu bei, dass alle Menschen eine Chance auf Gute Arbeit und ein gutes Leben in einer Demokratie haben. „Bürger, nicht Untertanen wollen wir sein“, so hat unser Namenspatron Hans Böckler beim Gründungskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes 1949 den Anspruch formuliert, dass verbriefte Rechte in der Arbeitswelt für Arbeitnehmende zu mehr Augenhöhe und einer stabileren Demokratie beitragen. Mit der Forschung der Hans-Böckler-Stiftung können wir heute belegen, dass überall dort, wo Menschen Fairness und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz erleben, das Vertrauen in die demokratischen Institutionen wächst.

Vor der Europawahl haben wir geprüft, ob dieser Zusammenhang auch in anderen Ländern gilt. Wir haben daher Erwerbspersonen in Deutschland und neun weiteren EU-Ländern befragt: Überall zeigt sich, dass schlechte Arbeitsbedingungen und das sich daraus ergebende Potenzial für Benachteiligungs- und Ohnmachtserleben ein Nährboden für die Entstehung antidemokratischer Einstellungen ist. Zudem fühlen sich Beschäftigte mit weniger Mitbestimmung und schlechteren Arbeitsbedingungen stärker von der Transformation von Wirtschaft und Arbeitswelt bedroht.

Bessere Arbeitsbedingungen korrelieren hingegen mit positiveren Einstellungen zur Demokratie und einem höheren Vertrauen in deren Institutionen. Wir sind sicher, ein starkes, soziales Europa muss die Antwort auf die geopolitischen Krisen unserer Zeit sein. Gute Arbeit ist hierfür der Schlüssel!

Wir danken allen, die im Jahr 2024 mit uns an dieser Vision gearbeitet haben: in der Wissenschaft, in der Arbeitswelt, in den Gewerkschaften, in der Politik und in der Zivilgesellschaft. Demokratie braucht nicht nur den richtigen Moment – sie braucht Menschen, die sich einmischen. Und dafür stehen wir mit unserer Arbeit.

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Der Jahresbericht zum Blättern

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