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Mitbestimmung: Europas Zukunft gestalten mit handlungsfähigen Sozialpartnern

Wir brauchen einen neuen Gestaltungswillen, um wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt besser in Einklang zu bringen. Von Nicolas Schmit

[03.05.2021]

Diese Woche findet in Porto ein informelles Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs statt. Am Vortag organisiert die portugiesische Ratspräsidentschaft eine hochrangige europäische Konferenz, an der auch die europäischen Sozialpartner und Vertreter der Zivilgesellschaft teilnehmen. Ziel beider Treffen ist es, das soziale Europa zu stärken durch ein klares Engagement, die Prinzipien der Europäischen Säule sozialer Rechte in konkrete Politik umzusetzen.

Die Kommission hat in diesem Sinne einen Aktionsplan angenommen, der eine Reihe von Vorschlägen für „ein starkes soziales Europa für gerechte Übergänge und einen gerechten Aufschwung“ enthält. Vielen Mitgliedstaaten, in denen die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht vollständig überwunden sind, wurden durch die von der Pandemie ausgelösten Krise wieder schwer getroffen. Aber diesmal hat sich Europa zu mehr Solidarität entschlossen, um gemeinsam diese Krise zu überwinden.

Gleichzeitig stehen die europäischen Wirtschaften vor riesigen Herausforderungen: dem ökologischen Umbau und damit dem Übergang zur Klimaneutralität sowie eine Beschleunigung der Digitalisierung in allen Bereichen. Diese Transformationen bergen neue Möglichkeiten, stellen aber ebenfalls die Gesellschaften und die Menschen vor neue Risiken.

Die Schaffung neuer und guter Arbeitsplätze, die Gleichstellung und Chancengleichheit von Frauen und Männern, faire Arbeitsbedingungen – auch in der Plattformwirtschaft –, die Absicherung unserer Sozialsysteme in einer Zeit des schnellen Wandels, die Bekämpfung der steigenden Ungleichheiten und der sich in allen Ländern der EU ausbreitenden Armut sind nur einige der großen Aufgaben, die die Politik in den kommenden Jahren lösen muss. Dazu kommen die notwendigen Investitionen in Kompetenzen sowie Aus- und Weiterbildung und das Recht auf lebenslanges Lernen.

Die Umsetzung des Aktionsplans ist eine gemeinsame politische Verpflichtung, sowohl für die europäischen Institutionen und Organe, wie für die nationalen Regierungen und regionalen Behörden. Sie setzt aber vor allem einen starken Dialog zwischen den Sozialpartnern voraus, und das ebenfalls auf allen Ebenen. Die soziale Marktwirtschaft braucht handlungsfähige Sozialpartner. Dies ist umso wichtiger in einer Zeit des tiefgreifenden Wandels.

Deshalb erachtet es die Kommission als essenziell, die Sozialpartner an der Ausarbeitung der nationalen „Recovery Pläne“ zu beteiligen, weil auch diese nationalen Pläne die Umsetzung der sozialen Säule unterstützen sollen. Wir werden den Umbau unserer Wirtschaft, der ja auch größere Veränderungen in den Unternehmen erfordert, nicht ohne die Stärkung des Mitspracherechts der Arbeitnehmer meistern können. Das heißt, dass die Mitbestimmung, dort wo sie existiert und gut funktioniert, nicht geschwächt werden darf. Eine Europäisierung der Unternehmen, die ja an sich begrüßenswert ist, darf auf keinen Fall die Mitbestimmungsrechte untergraben.

Im Gegenteil: Diese Rechte müssen ausgeweitet werden. Die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts braucht mehr Mitspracherechte, auch weil es darum geht, die Mitverantwortung der Unternehmen für das allgemeine Wohlergehen zu stärken. Wir brauchen einen neuen Gestaltungswillen, um wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt besser in Einklang zu bringen. Dazu trägt Demokratie in der Wirtschafts- und Arbeitswelt entscheidend bei.

Nicolas Schmit ist Mitglied der Europäischen Kommission und dort verantwortlich für Beschäftigung und soziale Rechte.

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HANS. 09/2021

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