Praxistipp: Die Arbeit muss für die Menschen passen
Das Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung (I.M.U.) wertet regelmäßig Betriebs- und Dienstvereinbarungen aus und veröffentlicht Themenmodule zu aktuellen Fragen der Arbeit von Interessenvertretungen. Mit der Reihe „Praxistipp“ stellen wir in jeder Ausgabe eine Auswertung oder Veröffentlichung vor.
Arbeiten bis zur Rente und dabei gesund bleiben – das wünschen sich wahrscheinlich die meisten. Gerade wenn Arbeit körperlich und psychisch stark belastet, haben Betriebs- und Personalräte ein besonders waches Auge auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Sie vereinbaren Präventionsmaßnahmen, die altersgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen und Unterstützung für Langzeitkranke. Das I.M.U. hat dazu die Arbeit von Interessenvertretungen im Raum Hannover porträtiert. Beim Zweckverband Abfallwirtschaft und bei VW Nutzfahrzeuge wurden die Beschäftigtenvertreter nach alters- und alternsgerechten Arbeitsplätzen, Gesundheitsförderung, Fort- und Weiterbildung sowie Arbeitszeiten gefragt – mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen.
Für den Personalrat der Hannoveraner Abfallwirtschaft ist Gesundheitsprävention und die altersgerechte Gestaltung der Arbeit Pflicht. Wer bei der Müllabfuhr und der Straßenreinigung tagein, tagaus im Freien arbeitet, macht einen harten Job. Neben der Einrichtung von Schonarbeitsplätzen setzt das Unternehmen daher altersgemischte Teams ein. Jung und Alt können sich bei der Arbeit gegenseitig unterstützen. Vor allem wurde Personal aufgestockt, denn je mehr Menschen die Stadt sauber halten, desto leichter wird es für den Einzelnen. Außerdem wird jede Investition darauf geprüft, ob sie die Arbeit erleichtert und gesundheitlichen Schäden vorbeugt. Und für alle, die Spaß daran haben, bietet das Unternehmen Fitness- und Gesundheitskurse.
Eine tragende Säule des Gesundheitsmanagements bei VW Nutzfahrzeuge sind die Fitness- und Rehabilitationszentren. Sie können von den Beschäftigten an allen Standorten kostenlos genutzt werden. Erkrankte Beschäftigte erhalten dort während ihrer Arbeitszeit Anwendungen. Am Arbeitsplatz rotieren die Teams, sodass sich stark belastende Tätigkeiten mit leichteren abwechseln. Zudem werden einzelne Tätigkeiten ergonomisch optimiert. Allerdings muss der Betriebsrat jede Verbesserung und Entlastung mit dem Unternehmen aushandeln. Fortschritte in der ergonomischen Gestaltung sieht er kritisch, da das Unternehmen sie oft zur Arbeitsverdichtung nutze.
Besonders relevant ist dies für ältere Beschäftigte. Das Werk „schafft es nicht, jeden Job in der Montage für einen 64-Jährigen einzurichten“, heißt es aus dem Betriebsrat. Notausgang aus belastenden Arbeitsbedingungen ist für die Hannoveraner VW-Beschäftigten die großzügige Altersteilzeitregelung: Alle Beschäftigten des Jahrgangs 1968, die mindestens fünf Jahre im Unternehmen waren, können vorzeitig in den Ruhestand gehen.
Mehr zu den beiden Beispielbetrieben gibt es hier:
Bildung – eine lebenslange Begleiterin. Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung, 2025
Wir passen die Arbeit dem Menschen an. Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung, 2024
Weitere Fragen an: betriebsvereinbarung[at]boeckler.de