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Hubertus Heil Magazin Mitbestimmung

Finanzierung: Ausbildung belohnen

Ausgabe 04/2022

In Bremen suchen Jahr für Jahr mehr junge Menschen einen Ausbildungsplatz als das Angebot es hergibt. Das Land berief eine Kommission ein, die einen Ausbildungsfonds entwickelte. Das Ergebnis könnte bundesweit Signalwirkung haben, meint Gerhard Bosch, Vorsitzender der Kommission.

In Bremen haben es junge Menschen besonders schwer, eine Ausbildung zu finden. Die Folge: Fast 22 Prozent der Beschäftigten zwischen 20 und 34 Jahren haben keine Berufsausbildung, bundesweit sind es knapp 15 Prozent. Im Interesse der nachwachsenden Generation, aber auch der Bremer Wirtschaft erarbeitete eine Expertenkommission, der ich angehörte, im Auftrag der Landesregierung, eine Lösung, wie das Angebot an Ausbildungsplätzen erhöht werden kann.

Eine Umlage ist finanzierbar

Die Kommission sieht die Wirtschaft in einer besonderen Verantwortung, den Mangel an betrieblichen Ausbildungsplätzen zu beheben. Daher haben wir uns einstimmig für eine Umlage zur Finanzierung der außerbetrieblichen Ausbildung und weitere Unterstützung der Ausbildung ausgesprochen. In unserem Bericht haben wir einen Finanzierungsbedarf zwischen sieben und zwölf Millionen Euro berechnet, woraus sich eine Umlage für Bremer Betriebe zwischen 0,09 und 0,13 Prozent der Bruttolohnsumme ergibt. Die Belastung bleibt somit überschaubar. Betriebe, die schon in einen Branchenfonds einzahlen, etwa in der Bauwirtschaft oder der Pflege, sollen ausgenommen werden.

Betriebe nicht überfordert

Der Bericht könnte eine bundesweite Signalwirkung haben und den jahrelangen Streit um die Ausbildungsumlage beenden. Denn die berechneten Beiträge würden die Betriebe keineswegs so sehr überfordern, dass sie womöglich ihr Ausbildungsangebot weiter zurückfahren, wie Arbeitgebervertreter im Angesicht der Forderung immer wieder warnten.

Mein Kollege Bernhard Nagel, der ebenfalls der Kommission angehörte, und ich gehen in dem Bericht noch einen Schritt weiter. Neben der Umlage für Betriebe ohne Auszubildende sollen Ausbildungsbetriebe durch einen Ausgleich in Höhe von 2.500 Euro pro Jahr für jedes Ausbildungsverhältnis entlastet werden. Die Hebelwirkung wäre beachtlich. Für jeden Auszubildenden in einer dreijährigen Ausbildung erhielte ein Unternehmen 7.500 Euro. Klein- und Mittelunternehmen profitieren besonders. Sie stehen zunehmend unter Kostendruck und haben ihre Ausbildungsleistung stärker als größere Unternehmen eingeschränkt. Die Abwesenheit der Auszubildenden an den Berufsschultagen kostet sie enorm.

Die Dänen finden es gerecht

Dänemark wendet dieses Modell bereits seit 1977 an, und die Menschen empfinden es als gerecht, Ausbildungsbetriebe durch eine Solidarumlage zu entlasten. Schließlich erbringen sie eine Leistung für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft, an deren Finanzierung sich folgerichtig auch alle Unternehmen beteiligen sollen. Nicht selten wechseln Ausgebildete in andere Unternehmen. Zudem können die ausbildenden Betriebe mit dieser Unterstützung die Ausbildung verbessern.Die Entlastung der ausbildenden Betriebe ließe sich mit einer Umlage in Höhe von 0,22 Prozent der Bruttolohnsumme finanzieren. Für einen Beschäftigten mit einem Bruttojahresgehalt von 40.000 Euro wären dafür zwischen 89 und 100 Euro pro Jahr zu zahlen.

Eine Umlage in dieser geringen Höhe würde Betriebe auch nicht reihenweise in die Flucht schlagen. Wahrscheinlicher wäre eine Zuwanderung ausbildungswilliger Betriebe nach Bremen. Auch im restlichen Teil Deutschlands werden Ausbildungsbetriebe diese Vorteile auf Dauer erkennen. Daher bin ich überzeugt: Nach einer kontroversen Einführungsphase wird die Umlage akzeptiert werden. Sie belohnt ja die ausbildenden Betriebe und straft sie nicht, wie es fälschlicherweise immer wieder behauptet wird.

Der DGB in Bremen unterstützt unser Konzept. Beide Vorschläge, die Finanzierung außerbetrieblicher Ausbildung und die Entlastung der ausbildenden Betriebe, werden zurzeit im Senat in Bremen beraten und können auch bundesweit eingeführt werden. Vor allem könnte man auf Bundesebene die Umlage etwas höher ansetzen und die Zusatzeinnahmen in die Verbesserung der Ausbildungsqualität und die Erhöhung der Ausbildungsvergütungen, wie in der Pflege oder dem Bauhauptgewerbe, investieren.

Nur ein Baustein

Allerdings weist der Bericht auch darauf hin, dass eine Umlage nur einer von mehreren Bausteinen sein kann, um die Lage am Ausbildungsmarkt zu verbessern. Politik und Wirtschaft sind auch darüber hinaus gefordert, gute Arbeit und Bildung zu gewährleisten.

Gerhard Bosch ist Senior Professor und Senior Fellow der Hans-Böckler-Stiftung

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