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HBS Böckler Impuls

Energieeffizienz: Neue Jobs durch Klimaschutz

Ausgabe 07/2007

Als neues Kernelement der Umweltpolitik schlagen Wissenschaftler die Einrichtung eines nationalen Energiesparfonds vor. So könnte bis 2030 der Ausstoß einer Milliarde Tonnen CO2 vermieden werden. Hinzu käme ein Beschäftigungseffekt, der einer Million Ein-Jahres-Jobs entspricht.

Die allgegenwärtige Energieverschwendung lässt sich durch viele Einzelmaßnahmen begrenzen - vom Öko-Kühlschrank bis zur effizienteren Heizungspumpe. Im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung haben Wissenschaftler vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie ein Gesamtkonzept entwickelt, dass die Emission von Treibhausgasen bis 2030 erheblich reduzieren könnte. Durch Energiesparaktivitäten innerhalb der nächsten zehn Jahre würde in Deutschland die Ausstoßmenge eines Jahres eingespart. Energierechnungen von Verbrauchern und Unternehmen könnten jährlich um neun Milliarden Euro sinken. Die Hans-Böckler-Stiftung hat das Konzept kürzlich bei der Auftaktkonferenz des "Netzwerks Ressourceneffizienz" vorgestellt. Dieses unter der Ägide von Bundesumweltminister Siegmar Gabriel gegründete Netzwerk aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft will Deutschland bis 2020 zur energieeffizientesten Volkswirtschaft der Welt machen.

Nach den Vorstellungen der Wuppertaler Energieexperten sollen aus einem nationalen Energiesparfonds bundesweit einheitliche Zuschüsse fließen, wenn Haushalte oder Unternehmen sich von Energiefressern trennen und sparsamere Geräte anschaffen. Der Fonds könnte bestehende Förderprogramme bündeln und durch Verbraucherinformation die Absatzchancen energieeffizienter Technologien verbessern.

Das Konzept nützt nicht nur dem Klima, sondern auch dem Arbeitsmarkt, zeigt eine Modellrechnung. Die Beschäftigungsprognose der Wissenschaftler basiert auf dem Input-Output-Modell des Statistischen Bundesamtes, das die finanziellen Verflechtungen zwischen 59 Branchen der deutschen Volkswirtschaft beschreibt. Das Ergebnis der Berechnungen: ein Nettobeschäftigungseffekt von rund einer Million Ein-Jahres-Stellen. Der Höhepunkt würde im Jahr 2015 mit gut 75.000 zusätzlichen Jobs erreicht. Hinter diesen Zahlen verbergen sich unterschiedliche, zum Teil gegenläufige Entwicklungen: In Betrieben, die Energiespartechnik herstellen, würden 1,4 Millionen Menschen ein Jahr Arbeit finden. In der Energiewirtschaft und ihren Vorleistungsbetrieben würde hingegen Beschäftigung im Umfang von 2,1 Millionen Personenjahren entfallen. Wegen sinkender Energieausgaben hätten die Verbraucher aber mehr Geld in der Tasche. Das erhöht die Nachfrage nach anderen Gütern - und bringt der Simu­lation zufolge 1,8 Millionen neue Zwölf-Monats-Jobs.

=> Umweltpolitik aus einem Guss

Private Haushalte und Unternehmen erneuern regelmäßig ihre Gebäude, Heizungs-, Klimaanlagen und Elektrogeräte. Dabei schöpfen sie die vorhandenen Energiesparpotenziale - rund 30 Prozent des gesamten Energieverbrauchs - aber nicht aus, so die Forscher. Gründe dafür seien unter anderem höhere Anschaffungskosten effizienterer Technik und Unkenntnis der technischen Möglichkeiten. Laufende Förderprogramme, Umweltgesetze und Informationskampagnen seien selten aufeinander abgestimmt. Hersteller und potenzielle Abnehmer energiesparender Technik fänden oft nicht zueinander. Eine Zentralstelle wie der vorgeschlagene Energiesparfonds in Form einer öffentlich finanzierten Stiftung könnte solche Koordinationsprobleme beseitigen, Synergieeffekte nutzen und der Anschubfinanzierung von Umweltinvestitionen dienen, so das Wuppertal Institut.

Den Wissenschaftlern geht es darum, "Energiesparen so einfach wie möglich" zu machen - nicht durch Verzicht auf Komfort, sondern durch den Einsatz der besten Technik. Der Fonds solle nach dem Motto handeln: "zentral gesteuert, dezentral umgesetzt". Neben der Auszahlung finanzieller Leistungen sind seine Kernaufgaben:

=> die Öffentlichkeit umfassend über moderne Technologien und Förderprogramme informieren;

=> möglichst individuelle Beratungsangebote zu Fragen der Energieeffizienz anbieten;

=> Hersteller, Händler und Handwerker vernetzen;

=> Informationsangebote im Internet: Datenbanken mit effizienten Geräten und Beispielrechnungen, die verdeutlichen, ob sich die Anschaffung eines teureren Gerätes wegen der langfristigen Einsparungen wirtschaftlich lohnt;

=> Weiterbildungsangebote für Anbieter organisieren;

=> Wettbewerbe für innovative Technik ausschreiben.

Die Forscher raten, den Energiesparfonds organisatorisch  klar von der politischen Entscheidungsebene abzugrenzen. Gleichzeitig müsse er unabhängig von der Energiewirtschaft oder den Einzelinteressen von Technikanbietern arbeiten.

Die Wissenschaftler machen verschiedene Finanzierungsvorschläge, vom Abzweigen von Ökosteuereinnahmen bis zu Public-Private-Partnership-Lösungen. Sie favorisieren aber eine Umlage auf die Energiepreise: einen "Effizienz-Zehntelcent". Wegen der Wettbewerbsneutralität sei dies die "wirtschaftstheoretisch beste, politisch aber möglicherweise am schwierigsten durchsetzbare Finanzierungsmöglichkeit".

  • Energie sparende Technik schafft Jobs. Zur Grafik

Wolfgang Irrek, Stefan Thomas: Der EnergieSparFonds für Deutschland, edition der Hans-Böckler Stiftung 169, Düsseldorf 2006.

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Wuppertal Institut, Gutachten zum Download (pdf)

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