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HBS Böckler Impuls

Ausbildung: Betriebe bevorzugen deutsche Azubis

Ausgabe 20/2007

Jugendliche aus Einwandererfamilien haben deutlich geringere Chancen auf dem Lehrstellenmarkt als Einheimische. An mangelndem Engagement oder schlechteren Noten liegt das kaum.

Einen Ausbildungsplatz zu bekommen, ist nicht einfach - der Strukturwandel und das verschärfte Kostendenken in den Betrieben haben das Angebot an Lehrstellen reduziert. Wer aber aus einem Einwanderer-Elternhaus stammt, hat es bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz oft besonders schwer. Die Bewerberbefragung 2006 der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt: Nur 29 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die in den vorangegangen 15 Monaten auf Lehrstellensuche waren, hatten Erfolg. Bei den einheimischen Jugendlichen konnten im gleichen Zeitraum immerhin 40 Prozent eine Berufsausbildung aufnehmen.

Das schlechte Abschneiden im Bewerbungsverfahren hat Konsequenzen: Fast jeder dritte Bewerber aus einer Zuwandererfamilie landet zunächst in einem Übergangsprogramm, rund jeder fünfte ist arbeitslos oder jobbt. Im Alter von 25 bis 35 hatten 2005 vier von zehn Migrantenkindern keinen Berufsabschluss. Besonders benachteiligt sind Jugendliche mit türkischen und arabischen Eltern, so das BIBB. Von den jungen Türken waren sogar 57 Prozent ungelernt - unter den gleichaltrigen Aussiedlern waren es 28 Prozent, unter den Deutschen 15 Prozent.

Gute Schulabschlüsse erhöhen zwar auch für Migrantenkinder die Ausbildungschancen, aber in geringerem Maße als bei einheimischen Bewerbern. Hauptschüler aus Zuwandererfamilien finden fast genauso oft einen Ausbildungsplatz wie Einheimische. Bei den höheren Schulabschlüssen nehmen jedoch die Unterschiede zwischen alteingesessenen und neu dazu gestoßenen Familien zu. Nur 32 Prozent der Zuwandererkinder mit Realschulabschluss finden eine Lehrstelle, in der deutschen Vergleichsgruppe sind es 43 Prozent. Die Erfolgsquote von Abiturienten mit Migrationshintergrund liegt mit 44 Prozent deutlich unter der von Einheimischen mit 53 Prozent. Selbst eine gute Mathematiknote erhöht die Aussichten auf eine Ausbildung vor allem für einheimische Jugendliche.

Und der Rückgang an betrieblichen Ausbildungsplätzen trifft Zuwandererkinder härter. Die Ausbildungsquote ist bei Jugendlichen ausländischer Nationalität stärker gesunken als bei deutschen: 1994 absolvierte noch jeder dritte eine Berufsausbildung, 2005 nur jeder vierte. Die Ausbildungsquote junger Deutscher lag 2005 mehr als doppelt so hoch.

Die Ursachen für die schlechteren Chancen sind nicht vollständig geklärt, räumen die Wissenschaftler des BIBB ein. Die Bildungsforscher gehen davon aus, dass es Einwandererfamilien häufig an nützlichen sozialen Kontakten fehlt, was sich auch bei der Lehrstellensuche bemerkbar macht. "Jugendliche aus Zuwandererfamilien sind genauso engagiert und flexibel wie Einheimische", erklärt Mona Granato vom BIBB. "Einige Studien weisen darauf hin, dass Vorbehalte von Personalern eine Rolle spielen." Erfahrungen in den Beruflichen Qualifizierungsnetzwerken zur Förderung der Chancengleichheit von Jugendlichen mit Migrationshintergrund - eine vom Bundesbildungsministerium geförderte Initiative - bekräftigen diesen Verdacht. Hier beobachten die Bildungsforscher, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund ungeachtet ihrer Qualifikation oft vorzeitig bei der Bewerberauswahl aussortiert werden. Demzufolge könnte es sich also um eine Form der Diskriminierung handeln.

Um die Benachteiligung zu vermindern, empfehlen die Experten, Bewerbungstraining frühzeitig in der Schule anzubieten, die Berufsorientierung zu fördern und Praktika zu unterstützen. Personalverantwortliche sollten für ethnisch und kulturell neutrale Auswahlverfahren sensibilisiert werden. Wichtig sei zudem, den Ausbildungserfolg durch begleitende Hilfen zu sichern, berufliche Nachqualifizierung und interkulturelle Potenziale in Schule und Ausbildung zu fördern und in den Betrieben dafür zu werben.

  • Migranten finden selten eine Lehrstelle. Zur Grafik

Mona Granato, Monika Bethscheider, Michael Friedrich, Katrin Gutschow, Bernt Paulsen, Christine Schwerin, Anke Settelmeyer, Alexandra Uhly, Joachim Gerd Ulrich: Integration und berufliche Ausbildung. BIBB-Expertise 2007.

Mona Granato: Berufliche Ausbildung und Lehrstellenmarkt: Chancengerechtigkeit für Jugendliche mit Migrationshintergrund verwirklichen, in: WISO direkt 09/2007 der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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