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HBS Böckler Impuls

Lohnentwicklung: Zum dritten Mal weniger im Geldbeutel

Ausgabe 03/2007

Der Verteilungsspielraum wurde 2006 in vielen Branchen nicht ausgeschöpft, die Tariferhöhungen kommen nicht bei allen Beschäftigten an. Die realen Effektivlöhne sinken darum erneut.

Die Tariferhöhungen des vergangenen Jahres haben nicht dazu geführt, dass die Beschäftigten mehr Geld zum Ausgeben hatten. Berücksichtigt man die Preissteigerungen, bekamen die Arbeitnehmer im vergangenen Jahr im Schnitt 0,2 Prozent weniger als 2005, so der Tarifpolitische Jahresbericht 2006 des WSI-Tarifarchivs. Weil die Tariferhöhungen nicht alle Beschäftigten in Deutschland erreichten, gingen die Effektivlöhne real sogar um 1 Prozent zurück - zum dritten Mal in Folge ein Rückgang. Schon seit Mitte der 90er-Jahre verläuft die Entwicklung in Deutschland deutlich schlechter als in anderen europäischen Ländern. So erhöhten sich der EU-Kommission zufolge von 1995 bis 2006 die Löhne in Schweden real um 33,6 Prozent, in Großbritannien um 30 Prozent, in Dänemark um 21,3 Prozent - in Deutschland hingegen nur um 8,3 Prozent.

Der kostenneutrale Verteilungsspielraum wurde 2006 in Deutschland kaum genutzt. Die Preise stiegen 2006 um 1,7 Prozent, die Produktivität laut Statistischem Bundesamt um 1,9 Prozent. Daraus ergibt sich eine Verteilungsspanne von 3,6 Prozent. Die aufgebesserten Tarife schöpfen jedoch insgesamt nicht einmal die Hälfte dieser Spanne aus: Im Branchenschnitt erhöhten sich die Tariflöhne um 1,5 Prozent. Die Entwicklung verlief aber gespalten: Die Exportbranchen wie Chemie, Metall und Stahl lagen deutlich über dieser Marke, am Binnenmarkt hängende Branchen wie Handel, Verbrauchsgüter und öffentlicher Dienst stark darunter.

Die negative Lohndrift: Die effektiven Entgelte fallen seit einigen Jahren geringer aus als die Tariflöhne. Denn viele Unternehmen geben die Tariferhöhungen nicht eins zu eins an die Beschäftigten weiter: Einige bauen zugleich übertarifliche Leistungen ab, ein wachsender Teil der Betriebe hält sich nicht mehr an Tarife, in manchen Branchen gibt es derzeit keine geltenden Tarifverträge. Zudem geht von den gesetzlichen Reformen des Arbeitsmarktes ein zusätzlicher Druck auf die unteren Lohngruppen aus. Und die Zahl der Teilzeitkräfte und Minijobber hat sich erhöht - zwei Beschäftigtengruppen, die im Schnitt niedrigere Stundenlöhne beziehen als andere Beschäftigte.

  • In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends blieb der Verteilungsspieraum unausgeschöpft. Zur Grafik

WSI-Tarifarchiv: Tarifpolitischer Jahresbericht 2006, Februar 2007. Bericht zum Download (pdf)

Pressemitteilung mit Tabelle (pdf)

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