Systemrelevant Podcast: Startet mit KI das goldene Zeitalter der Digitalisierung?
Wie profitieren Arbeitnehmer*innen von Künstlicher Intelligenz – und kann KI ihre Macht stärken? Darüber sprechen Christina Schildmann, Leiterin der Forschungsförderung, und Florian Butollo, Professor für Soziologie der digitalen Transformation und Arbeit. Diskutiert wird auch die Rolle von Künstlicher Intelligenz im Kontext des Arbeitsplatzabbaus.
[14.11.2025]
Bricht mit der generativen KI nun das goldene Zeitalter der Digitalisierung an?
Damit ist vor allem die Frage verbunden, ob Künstliche Intelligenz der deutschen Wirtschaft massive Produktivitätssprünge beschert oder dies vorerst Zukunftsmusik bleibt.
Aktuelle Studien belegen, so Florian Butollo, dass es so gut wie keine Produktivitätsgewinne durch generative KI gibt. Der Professor für Soziologie der digitalen Transformation und Arbeit an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main berichtet von einer Studie vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), die KI-Pilotprojekte in den USA untersucht hat. Dabei sei herausgekommen, dass es nur bei fünf Prozent der untersuchten Projekte nennenswerte Einsparungen von Arbeit gegeben hat und die Produktivität gestiegen ist.
„Der KI wird momentan wahnsinnig viel in die Schuhe geschoben“
Nichtsdestotrotz sind Mutmaßungen und Behauptungen, dass die „KI übernimmt“, wenn es um Stellenstreichungen geht, aktuell keine Seltenheit. Doch was sind die wahren Gründe für Arbeitsplatzverluste, wenn KI die Arbeitsproduktivität gar nicht steigert?
Florian Butollo: „Meine Wahrnehmung ist, dass der KI momentan wahnsinnig viel in die Schuhe geschoben wird, was Arbeitsplatzabbau angeht. Einerseits gibt es die Erwartung, KI wird die Arbeitswelt revolutionieren und Produktivitätssteigerung bringen. Auf der anderen Seite werden real Jobs abgebaut und ganz oft hat es einfach andere Gründe. De facto haben wir einfach eine Konjunkturflaute.“
Christina Schildmann beleuchtet in der Podcast-Folge, welche Antworten die Forschung bereits geben kann. „Wir sehen, dass Effizienzsteigerungen durch KI nur dann realisiert werden können, wenn Prozesse und Arbeitsorganisation völlig neu gedacht werden. Wenn die Mitarbeitenden mitmachen, eingebunden sind. Man kann KI nicht einfach über bestehende Arbeitsprozesse stülpen. Und: Es gibt viele Tätigkeiten, die man eben nicht durch KI ersetzen kann.“
Entlastungsversprechen durch KI ist ein zweischneidiges Schwert
Florian Butollo fasst drei zentrale Ergebnisse aus seinem Forschungsprojekt „Generative Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt“ (GENKIA) zusammen:
- Generative KI geht mit neuen Anforderungen einher: Es läuft ein riesiger Lernprozess – individuell für Beschäftigte, aber auch für Unternehmen.
- Augmentierung: Beschäftigte bearbeiten Aufgaben, die sie zuvor noch nicht kannten. Im Journalismus etwa gibt es neue Formate, bei denen User*innen mit Textinhalten chatten können.
- Entlastungsversprechen durch KI als zweischneidiges Schwert: Generative KI erleichtert zwar einige Prozesse, es kann aber auch Arbeitsverdichtung entstehen – erst recht dann, wenn das Management mit irrationalen Produktivitätserwartungen an das Thema geht und von Beschäftigten unrealistische Ergebnisse fordert.
Auch Christina Schildmann berichtet im Podcast von spannenden Erkenntnissen aus einem Panel zum Thema „KI in der Arbeitswelt“, das sie in Tel Aviv moderiert hat. Außerdem geht es darum, wie KI die Macht von Arbeitnehmer*innen stärken kann. Die Folge schließt mit einem Resümee von der diesjährigen LABOR.A zur Frage: „Kann KI auch Gerechtigkeit?“
Weitere Informationen
Video von der LABOR.A-Session mit Florian Butollo: „Code schreiben, Texte entwickeln, Bilder erstellen: Möchte ich das in Zeiten generativer KI überhaupt noch selber machen?“
Florian Butollo: „Das knappe Gut Arbeit“ (Buch)
WSI-Beitrag: „Der Technologiewettlauf um Künstliche Intelligenz und seine Pathologien“
Forschungsprojekt „Generative KI in der Arbeitswelt“ (GENKIA)
Alle Informationen zum Podcast
In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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