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Bild der Veranstaltung Beazhlbar Wohnen am 03.11.2025 in Berlin Service aktuell

Wohnungspolitik: Bezahlbar Wohnen!

Die Wohnungsnot in Deutschland bleibt groß. Bezahlbarer Wohnraum wird zur sozialen und politischen Schlüsselfrage. Klimaschutz, Baukosten und soziale Gerechtigkeit müssen zusammen gedacht werden. Darüber haben wir mit Lisa Pfann und Eike Windscheid-Profeta gesprochen.

[06.11.2025]

Steigende Mieten, fehlender Wohnraum, wachsende soziale Spannungen – die Wohnungskrise bleibt ein großes Thema politischer und gesellschaftlicher Debatten. Auf der Fachkonferenz „Bezahlbar Wohnen!“ am 3. November 2025 diskutierten Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Praxis, wie bezahlbares und klimafreundliches Wohnen gelingen kann. Welche Lösungsansätze und Forschungserkenntnisse standen dabei im Fokus? Darüber haben wir mit Lisa Pfann von der Friedrich-Ebert-Stiftung und Eike Windscheid-Profeta aus der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung gesprochen.

Die Wohnungsnot in Deutschland ist groß. Trotz neuer politischer Instrumente, wie der Mietpreisbremse, ist bislang kaum Entlastung auf dem Wohnungsmarkt spürbar. Vor diesem Hintergrund: Welche Schwerpunkte habt Ihr gesetzt, um Wege zu mehr bezahlbarem Wohnraum auszuleuchten?

Windscheid-Profeta: Unser Ziel war es, verschiedene Perspektiven aus Wissenschaft, Praxis und Politik zu bündeln und mit fundierter Forschung die aktuelle politische Wohnungsnot-Debatte zu stärken sowie die Regierungsarbeit zu bereichern. Zugleich wollen wir den Theorie-Praxis-Transfer nachhaltig fördern.

Dabei wollten wir nicht nur die zentralen Herausforderungen für Wohn- und Baupolitik sortieren – insbesondere die hohen Bau- und Bodenkosten, den Mangel an bezahlbarem Wohnraum für breite Bevölkerungsgruppen sowie Zielkonflikte zwischen klimagerechtem und bezahlbarem Wohnungsbau –, sondern auch neue Ideen und Lösungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Wohnungspolitik aufzeigen.

Zitat von Eike Windscheid-Profete zur Veranstaltung 'Bezahlbar Wohnen'

Welche zentralen Erkenntnisse, welche Impulse sind aus der Veranstaltung hervorgegangen? Gab es Aspekte, die Euch besonders überrascht haben, oder den Blick auf das Thema verändert haben?

Windscheid-Profeta: Eine wesentliche Erkenntnis lautet: Mehr Wohnungen und Bauoffensiven tragen nicht automatisch zu einer Verbesserung der Gesamtsituation bei. Eine bloße Ausweitung des Wohnraumangebotes reicht also nicht aus. Entscheidend sind vor allem folgende Faktoren:

  • Wie wird gebaut? Nach hohen oder niedrigen Energie- und Baustandards?
  • Wo wird gebaut? In teuren Innenstadtlagen oder günstigeren Randgebieten, mit oder ohne infrastrukturelle Anbindung?
  • Wer baut? Private Investoren oder gemeinwohlorientierte Wohnungsbauunternehmen.
  • Wie viel Platz wird real gebraucht? Etwa mit Blick auf Über- und Unterbelegung von Wohnraum.

Das zeigt: Die Wohnraumversorgung ist nicht allein durch ein „Mehr“ an Wohnraum zu meistern. Viele weitere Mechanismen und Fragen flankieren die „Wohnungskrise“ und bedürfen ebenso sorgfältiger Abwägung.

Pfann: Eine weitere zentrale Erkenntnis lautet: Der Neubau allein wird es nicht richten (können). Wenn es um bezahlbares Wohnen für Mieter*innen geht, dann steht vor allem auch der Wohnungsbestand im Fokus. Dieser könnte viel effizienter verteilt werden. Hier ist eine der größten Herausforderungen, dass diese Gebäude meist weder energieeffizient sind noch mit klimaneutraler Wärme – etwa durch Wärmepumpen – versorgt werden. Es drohen hohe Energiekosten oder stark steigende Mieten, da Vermietende die Sanierungskosten großzügig an Mietende weitergeben können. Auch der Umbau zu altersgerechtem Wohnen ist herausfordernd. Die Konzentration auf den Wohnungsneubau als primäre Lösungsstrategie greift daher zu kurz.

Vor diesem Hintergrund hat unsere Konferenz zahlreiche Impulse geliefert und unterschiedliche Dimensionen in den Blick genommen. Darunter etwa der Blick auf Bodenbevorratung und Bodenbepreisung mit Fokus auf die Frage, wer und wo überhaupt über Bauland verfügen kann bzw. ob Zugänge dazu bestehen. Oder die Perspektive der energetischen Sanierung von Wohngebäuden sowie der Umstellung auf klimaneutrale Wärme im Rahmen der sogenannten Wärmewende und die damit verbundene Frage, wer dabei welche Kosten und Lasten zu tragen hat.

Zitat Lisa Pfann zur Veranstaltung Bezahlbar Wohnen

Neben hochkarätigen Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen aus Verbänden und Kommunen hat auch Bundesbauministerin Verena Hubertz auf der Konferenz gesprochen. Was ist Eure Erwartung: Wie wird es weitergehen beim Kampf gegen die Wohnungsnot? Und welchen Beitrag kann Forschung leisten?

Pfann: Tatsächlich bewegt sich etwas im Kampf gegen die Wohnungsnot: Der sogenannte „Bau-Turbo“, der Gebäude-Typ E sowie Verbesserungen im Mietrecht, begleitet durch die Mietrechtskommission, zeigen die Motivation der Bundesregierung, wirksam tätig zu werden.

Klar ist aber auch: Es bedarf einer Strategie aus einem Guss, die zum einen verschiedene Akteure aus Verbänden, Kommunen und Politik sowie Wissenschaft und Forschung einbezieht. Gleichzeitig müssen Schnittstellen berücksichtigt werden, an denen es zu Zielkonflikten kommen kann oder bei denen insbesondere vulnerable Gruppen, etwa einkommensschwächere Haushalte, nicht unverhältnismäßig belastet werden dürfen. So etwa bei der Frage, wie der Wohnungsbestand und dessen Wärmeversorgung klimaneutral und zugleich bezahlbar gestaltet werden können. Diese Themen besitzen – und das ist eine ganz wesentliche Erkenntnis der Konferenz – hohe soziale Sprengkraft und müssen dringend politisch verhandelt werden.

Welche Rolle kann Forschung dabei spielen, um tragfähige Lösungen gegen die Wohnungsnot zu finden?

Windscheid-Profeta: Forschung kann hier für Transparenz sorgen und Leerstellen füllen. Dafür braucht es Daten und Fakten aus der wissenschaftlichen Analyse – etwa dazu, wie hoch Wohnkostenbelastungen für verschiedene Gruppen sind, wie sich Mieten und Bodenpreise entwickeln und welche Faktoren diese beeinflussen. Auf dieser Basis können fundierte Entscheidungen getroffen und Maßnahmen gezielt gesteuert werden.

Die Wohnungskrise ist vielschichtig und betrifft zahlreiche Bereiche – vom Mangel an Wohnraum, über steigende Energie- und Baukosten bis hin zum Schutz von Mieter*innen. Um nachhaltige Lösungen zu entwickeln, ist eine enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachrichtungen notwendig: Ökonomie, Sozial- und Politikwissenschaften, Städtebau, Architektur und Rechtswissenschaft können gemeinsam zur Analyse und Lösung der Wohnproblematik beitragen. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit und der Praxistransfer waren zentrales Anliegen unserer Fachkonferenz „Bezahlbar Wohnen!“.

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