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Mitbestimmung: Nachhaltigkeit braucht Mitsprache

Ausgabe 12/2021

Die meisten Parteien stehen zur Mitbestimmung. Im Bundestagswahlkampf sollte die Beteiligung der Beschäftigten am klimagerechten Umbau der Wirtschaft aber höheres Gewicht erhalten.

Die Mitbestimmung – vor allem auf Aufsichtsratsebene – braucht politische Rückendeckung, weil sich ihr viele Unternehmen durch juristische Tricks entziehen oder Entscheidungen per Doppelstimmrecht des Vorsitzenden gegen die Beschäftigten durchdrücken. So, ohne Anhörung oder im Dissens mit den Belegschaften, wird eine ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft nicht gelingen, warnt I.M.U.-Direktor Daniel Hay. Er bedauert, dass die Mitbestimmung bei einem Teil der Parteien in den Programmen lediglich eine „untergeordnete Stellung“ einnimmt. Dennoch sei die Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, durchaus vorhanden. So haben die Grünen kürzlich einen Gesetzentwurf mit dem Titel „Unternehmensmitbestimmung stärken – Gesetzeslücken schließen“ in den Bundestag eingebracht. Zudem, so Hay, treffe die Informationskampagne „Mitbestimmung sichert Zukunft“ und Hans-Böckler-Stiftung und DGB in der Politik auf offene Ohren. Das habe sich etwa bei der Böckler-Konferenz für Aufsichtsräte 2021 gezeigt. 

So ist die Stärkung der Mitbestimmung für die SPD laut Parteichef Norbert Walter-Borjans „notwendige Bedingung bei jeglichen Koalitionsverhandlungen“ nach der Wahl. Auch die grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt kündigte an, man werde das Thema bei Koalitionsverhandlungen „auf den Tisch legen“, weil die anstehende Transformation nur mit starker Mitbestimmung funktionieren könne. Die Linke sei nach den schlechten Erfahrungen mit der Wende in Ostdeutschland für „so viel Mitbestimmung, wie es nur irgend geht“, erklärte die Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow. Die CDU wirbt für „hohen Konsens“ zwischen den Sozialpartnern und FDP-Vize Johannes Vogel gab sich „gesprächsbereit“, wenn es darum geht,  Schlupflöcher in den Mitbestimmungsgesetzen zu schließen. 

Nordrhein-Westfalens CDU-Arbeitsminister Karl-Josef-Laumann sagte bei der digitalen Böckler-Konferenz: „NRW ist das Land mit den größten Veränderungen in der Industrielandschaft. Fest steht: Wo die Betriebe mitbestimmt waren, haben wir Transformationsprozesse im gesellschaftlichen Konsens hinbekommen.“ Dem könne man nur zustimmen, so Hay. Mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen habe BASF-Chef Martin Brudermüller außerdem eine treffende Formulierung gefunden: Aus Sozialpartnern müssten Nachhaltigkeitspartner werden. 

Aber kann eine ökologische Transformation selbst bei mehr Mitbestimmung ohne soziale Verwerfungen gelingen? Hay ist sicher: „Das ist definitiv möglich.“ Viele gute Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge hätten deutlich gemacht, „dass ökologischer und digitaler Fortschritt auch sozial-kompatibel für alle Beteiligten funktionieren kann“. Auch der massive Strukturwandel in der Montanindustrie – wo die stärksten Mitbestimmungsrechte gelten – habe gezeigt, dass sich „stets sozialverträgliche Lösungen für die Beschäftigten“ finden lassen. Nun komme es darauf an, die Belegschaften aller großen Betriebe mit entsprechenden Rechten auszustatten. Das sei eine der dringlichsten Aufgaben der nächsten Bundesregierung – und mithin ein Thema für den Wahlkampf. 

Was Mitbestimmung bringt und wo sie bedroht ist – der Forschungsüberblick
 

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