zurück
Jetzt freie Kapazitäten nutzen Böckler Impuls

Öffentlicher Wohnungsbau: Jetzt freie Kapazitäten nutzen

Ausgabe 02/2023

Der Staat muss den öffentlichen Wohnungsbau fördern. Mehrere Instrumente stehen zur Verfügung.


Die Bundesregierung will die Wohnungsnot lindern. Jedes Jahr sollen in Deutschland laut Koalitionsvertrag 400 000 Wohnungen fertiggestellt werden. Aktuell ist man von diesem Ziel weit entfernt, vor allem weil der private Wohnungsbau stockt. „Wenn es einen guten Zeitpunkt für die Ausweitung des öffentlichen Wohnungsbaus gibt, dann ist es jetzt“, schreiben Sebastian Dullien und Carolin Martin vom IMK in einem Beitrag im Wirtschaftsdienst. Öffentliche Wohnungsbauunternehmen könnten bezahlbaren Wohnraum schaffen, nicht nur für Haushalte mit geringen Einkommen, sondern auch für Normalverdienende.

Schon vor dem Ukrainekrieg war die Lage auf dem Wohnungsmarkt angespannt. Seitdem sind rund eine Million Geflüchtete aus der Ukraine hinzugekommen. Gleichzeitig bremsen steigende Zinsen, extrem hohe Materialkosten und Lieferengpässe die Bautätigkeit. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, in denen die Baubranche kaum hinterherkam, Aufträge abzuarbeiten, ist die Auslastung zuletzt deutlich gesunken. Im Bauhauptgewerbe war sie im zweiten Quartal 2022 so gering wie 2010. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern, wie eine andere aktuelle Studie der Gelsenkirchener Ökonomen Norbert Hiller und Oliver Lerbs nahelegt. Die auf absehbare Zeit auf hohem Niveau bleibenden Finanzierungs- und Baukosten und die damit einhergehende gedämpfte Nachfrage würden die Auftragsbücher der Bauwirtschaft weiter leeren, erklären die Wissenschaftler. 

Gelegentlich heißt es, der öffentliche Wohnungsbau konkurriere mit privaten Gesellschaften um knappe Kapazitäten. „Mit dem sich abzeichnenden rapiden Rückgang des privaten Wohnungsbaus und der Unterauslastung der Baukapazitäten trägt dieses Argument nun nicht mehr“, so Dullien und Martin. Sie fordern, den vorhandenen Spielraum zu nutzen und den öffentlichen Wohnungsbau schnell voranzutreiben. Dabei könne der Bund auf mehrere Instrumente zurückgreifen:

  • Eine bundesweit agierende Beratungsgesellschaft kann kommunale Verwaltungen bei der Planung von Wohn- und Stadtteilprojekten unterstützen. Hier würde sich ein Ausbau der bereits existierenden Beratungsgesellschaft „Partnerschaft Deutschland“ anbieten.
  • Ein Bodenfonds kann die Kommunen dabei unterstützen, das öffentliche Eigentum an Grund und Boden auszuweiten.
  • Ein Beteiligungsfonds kann sich als Minderheitsgesellschafter an öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften beteiligen und so deren Eigenkapitalbasis stärken. 
  • Eine Aufstockung und Ausweitung von KfW-Programmen kann sozial orientierten Wohnungsbauunternehmen helfen, die durch steigende Zinsen verursachten Kosten abzufedern.

Mehr hören

Im Podcast erklärt IMK-Direktor Sebastian Dullien, warum und wie der öffentliche Wohnungsbau gefördert werden sollte.

Quelle: Sebastian Dullien, Carolin Martin: Jetzt ist die Zeit für verstärkten öffentlichen Wohnungsbau, Wirtschaftsdienst, Januar 2023

Norbert Hiller, Oliver Lerbs: Wie stark reagiert der deutsche Wohnungsbau auf steigende Kapitalmarktzinsen?, Wirtschaftsdienst, September 2022

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen